Das Münchner Landgericht hat mit seinem Urteil gegen den Waffenlieferanten des Attentäters vom Olympia-Einkaufszentrum auch bundesdeutsche Justizgeschichte geschrieben: Zum ersten Mal wurde ein Händler für Morde belangt, die mit einer von ihm verkauften Waffe verübt wurden. Doch die Bedeutung des Urteils reicht weit über diese juristische Grenzverschiebung und die verhängte Strafe von sieben Jahren wegen fahrlässiger Tötung hinaus.
Die Kammer nämlich hat sich nicht gescheut, den angeblichen "Amoklauf" als das zu bezeichnen, was er in Wirklichkeit war. Die Richter hegen keine Zweifel an dem rassistischen, fremdenfeindlichen Motiv hinter dem Anschlag. Die Einzigen, die jetzt noch daran zweifeln, sind die bayerische Staatsregierung und die CSU-Mehrheit im Landtag.
Sie haben sich hinter einen Abschlussbericht der Polizei zurückgezogen, der zwar akribisch die rechtsradikale Gedankenwelt des Attentäters aufzeigt, seinen Hass auf Türken, seine Nähe zur AfD und seine Verehrung für den norwegischen Massenmörder Anders Breivik - dann aber in einer für Extremismus-Experten kaum nachvollziehbaren Volte das Motiv für die neun Münchner Morde nahezu ausschließlich in Rache für einst erlittenes Mobbing erkennen will.
Die bayerische Politik sollte die Chance zu einer längst überfälligen Neubewertung nutzen, die ihr das Urteil bietet. Alles andere empfänden nicht nur die Familien der neun Mordopfer als Versuch der Verharmlosung.