Alte Akademie München:Kotau vor dem Investor ist wichtiger als Denkmalschutz

Alte Akademie München: SZ-Zeichnung: Dieter Hanitzsch

SZ-Zeichnung: Dieter Hanitzsch

SZ-Leser halten es für dubiose Willfährigkeit, gegen alle Einsprüche die Arkaden zu opfern, und kritisieren Freistaat und Stadtratsmehrheit

"Die Arkaden als Goldgrube" vom 31. Januar und "Zahlen, bitte" vom 2. Februar:

Bitterer Präzendenzfall

Mit der Entscheidung im Stadtrat mit der Mehrheit von CSU und SPD, der weitgehenden Überbauung der Arkaden der Alten Akademie zuzustimmen, hat die Diskussion über dieses Projekt die Argumente des Denkmalschutzes und der architektonischen Gestaltung hinter sich gelassen und eine neue Dimension erreicht, die alle Münchener Bürgerinnen und Bürger aufhorchen lassen sollte. Es ist schon bemerkenswert, dass ausgerechnet unter einem sozialdemokratischen Oberbürgermeister einem privaten Investor zum Zwecke der Gewinnmaximierung für 65 Jahre öffentlicher Raum - kostenfrei, in einer immer schneller wachsenden Stadt - zur Verfügung gestellt wird!

Dieser Präzedenzfall wird Nachahmer nicht lange zögern lassen. Die Verödung der Innenstadt durch die Anmietung eines weiteren Telefon- und Computeranbieters anstelle von Vielfalt ist eine bittere Konsequenz aus der Macht des Geldes. Bedenklich aber ist der Hinweis, dass Stadt und Staat den Investor noch brauchen. Hat sich ein demokratisch gewählter Stadtrat von dem Investor abhängig, gar erpressbar machen lassen? Es besteht unbedingter Bedarf nach lückenloser, unabhängiger Aufklärung! Isabella Goergens, München

Dubiose Unterwürfigkeit

Der erste Skandal ist, dass der Freistaat diese Immobilie an einen Investor verhökert hat, und das offensichtlich für ein Butterbrot von rund 3,5 Millionen Euro Pacht im Jahr. Allein diese zusätzlichen rund 450 Quadratmeter Premiumfläche dieser Arkade in der Fußgängerzone ergeben auf 65 Jahre eine durchschnittliche Jahresmiete von 2,4 Millionen Euro, also rund zwei Drittel der Jahrespacht. Und das Anwesen ist groß! Wieso tritt eigentlich der Staat nicht selber als Investor auf? Und wie kommt ein Münchner Stadtrat dazu, wertvollsten öffentlichen Raum im Herzen der Stadt an einen heuschreckenartigen Immobilienspekulanten ohne Gegenleistung zu verschenken? Es sind auf Zeit gewählte Volksvertreter, die geschworen haben, zum Wohle der Bürger zu handeln. Gab es nicht jüngst einen Beschluss, wonach die Stadt keine Grundstücke mehr verkauft? Was hat der Investor dafür versprochen? Oder reicht es schon, dass die Investorenfirma Signa den Schwarzweiß-Ball der CSU gesponsert hat?

Und was veranlasst SPD-Stadträte samt Oberbürgermeister dazu, einem natürlich gewinnorientierten Investor ein Millionengeschenk auf dem Silbertablett willfährig zu präsentieren? Entgegen allen Einwänden ihrer eigenen Fachleute wie der Stadtbaurätin und vieler anderer.

Der nächste Investor wird auf diesen Präzedenzfall verweisen. Das war's dann mit den Arkaden in der Stadt. Was ist es das nächste Mal? Vielleicht ein Streifen vom Marienplatz? Eignet sich hervorragend als Showroom für unsere notleidende Autoindustrie, oder für einen Fanshop vom FC Bayern.

Warum eigentlich sind alle Politiker der großen Parteien so geradezu unterwürfig gegenüber dem großen Kapital? Warum fallen sie eins ums andere Mal auf deren vage Versprechungen herein? Man kann diesen Vorgang getrost Veruntreuung von öffentlichem Eigentum bezeichnen. Es ist schlichtweg Machtmissbrauch. Und eigentlich eine Straftat. Welche Instanz gibt es, diese Untat zu verhindern?

So entsteht der Wutbürger. Helmut Köpf, München

Schaf-Taktik

Offensichtlich hat die Stadt München es noch nicht nötig, aufs Geld zu schauen. Da fällt mir ein Bild ein: "Es ist einfacher, sich das Haar eines Schafes zu holen als das eines Tigers." Der Tiger wird sich ja wehren, das Schaf kaum. Übersetzt: Es ist einfacher, sich das Geld von normalen Bürgern zu holen, als von reichen Investoren, die sich wehren können (zum Beispiel damit drohen, woandershin zu gehen). Dass aufgrund solchen Verhaltens das Vertrauen in die Politiker nicht gerade gestärkt wird, sei nur am Rande erwähnt. Erich Würth, München

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