Olympia:"Ich fühle, wie der Druck aus dem Körper kriecht"

Paarlauf-Olympiasieger Bruno Massot spricht im SZ-Interview über die Strapazen der Goldmedaillenkür, seinen Fehler im Kurzprogramm und Pläne mit Aljona Savchenko.

Interview von Barbara Klimke, Pyeongchang

Am Montag war Paarlauf-Olympiasieger Bruno Massot zurück auf dem Eis. Allein, weil seine Partnerin Aljona Savchenko sich grippekrank entschuldigt hat. Massot, 29, trainierte in Gangneung für die Show-Programme, denn in den kommenden Wochen wird das athletisch-künstlerische Paar auf einer Tournee die glitzernde Seite des Eiskunstlaufs zeigen, am Sonntag steht noch das Olympia-Schaulaufen auf dem Programm. Er half der Kollegin Annika Hocke, Teil des zweiten deutschen Paars Hocke/Ruben Blommaert, bei einigen Sprüngen. Dann nahm er sich Zeit für ein Gold-Bilanz-Interview.

SZ: Herr Massot, Sie wirken müde. Haben Sie sich ein wenig erholen können von den Strapazen der Goldmedaillenkür?

Bruno Massot: Nein, ich habe mich immer noch nicht erholt. Das wird auch noch dauern. Jetzt nimmt die Anspannung langsam ab, und ich fühle, wie der ganze Druck der letzten vier Jahren langsam aus dem Körper kriecht. Ich bin müde, ich bin verspannt, und ich spüre die Rückenschmerzen wieder. Es ist wahrscheinlich gut, dass das alles nachlässt. Aber es ist schmerzhaft.

Ist das auch der Grund, warum Ihre Partnerin Aljona Savchenko sich jetzt mit einer Grippe plagt?

Wahrscheinlich, es war ja sehr kalt hier in Südkorea, vor allem letzte Woche. Und der Wind war fürchterlich.

Inzwischen sind ein paar Tage vergangen seit der Kür, direkt danach waren Sie glücklich und erlöst. Können Sie nun mit etwas Abstand sagen, wie schwierig die beiden Wettkampftage wirklich für Sie waren?

Körperlich waren beide Programme einfach, aber mental waren sie schwer, besonders das Kurzprogramm. Es soll ja ein leichtes, lustiges Stück sein, und als mir der schwere Fehler unterlaufen ist (doppelter statt dreifacher Salchow; Anm. d. Red.), war es schwierig, diese Lockerheit beizubehalten. Im Kopf war für mich damit schon alles vorbei. Am nächsten Tag in der Kür waren Aljona und ich extrem fokussiert: Wir waren überzeugt, dass wir zu etwas Perfektem fähig waren. Wir waren bereit. Und dann haben wir auf dem Eis nur noch gekämpft, ich habe mir ständig vorgebetet: Es ist noch nicht vorbei, konzentrier dich; es ist noch nicht vorbei, konzentrier dich; es ist noch nicht vorbei ... Ich wusste ja, dass das der wichtigste Moment meiner Karriere ist, und ich wollte nicht zu früh aufgeben.

Haben Sie schlafen können in der Nacht vor der Kür?

Ganz schlecht, vielleicht vier oder fünf Stunden. Ich hatte Schuldgefühle nach meinem blöden Fehler: Ich dachte, die Goldmedaille ist weg. Das hatte ich Aljona nicht antun wollen nach all der harten Arbeit.

Keine Vorwürfe von ihrer Seite?

Nein, überhaupt nicht. Sie war sehr nett und hat sehr freundliche Worte gefunden.

Stimmt es, dass Sie am Morgen nach der Kür nachgeschaut haben, ob die Goldmedaille noch da ist - oder ob das alles nur ein Traum war?

Das mache ich immer noch jeden Morgen! Sie liegt in einem hübschen kleinen Holzkästchen, das dazu gehört.

Wie wird es jetzt für Sie beide weitergehen? Hatten Sie Zeit, darüber nachzudenken?

Wir treten noch beim Schaulaufen hier in Südkorea am Sonntag auf. Am Montag fliegen wir nach Frankfurt, anschließend weiter nach Zürich, wo wir schon am 1. März den ersten Auftritt bei Art on Ice haben: Das ist eine sehr schöne Show-Tournee, sehr gut organisiert. Wir waren schon letztes Jahr dort, und man hat sich wunderbar um uns gekümmert. Wir haben sechs Auftritte in Zürich, zwei in Lausanne, einen in Davos. Danach kehren wir zurück nach Oberstdorf, und dann beginnt schon die Vorbereitung für die WM.

Heißt das, diese paar Tage hier in Gangneung vor dem Rückflug sind der einzige Urlaub, den Sie sich gönnen können?

Na ja, Urlaub ist das hier nicht. Wir hatten seit Samstag jede Menge Interviews und trainieren ja auch weiter. Nach der Weltmeisterschaft werden wir frei nehmen: Die Ärzte raten, dass ich meinem Rücken mal drei Wochen komplett Ruhe gönne. Das geht ja schon seit Oktober so, mehr oder weniger permanent: Es zieht von den Bandscheiben bis runter ins Knie.

Wie sind Ihre Zukunftspläne? Ihr Trainer, Alexander König, wird Oberstdorf verlassen und nach Berlin zurückgehen. Werden Sie als Paar weiterlaufen?

Darüber sprechen wir im März, wenn wir Ruhe haben. Ich liebe das Eislaufen, es macht mir auch sehr viel Spaß zu unterrichten, und ich kann mir gut vorstellen, als Trainer zu arbeiten. Aber man kann auch beides gleichzeitig machen.

Aber bei der WM in Mailand, die am 19. März beginnt, treten Sie noch einmal an mit Ihrer Gold-Kür?

Klar. Weltmeister waren wir ja noch nicht.

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