Projekt für Obdachlose:30 000 Menschen warten in München auf eine Sozialwohnung

Projekt für Obdachlose: An der Tatsache, dass das Angebot an Sozialwohnungen zu knapp ist, ändert das Portal Sowon nichts.

An der Tatsache, dass das Angebot an Sozialwohnungen zu knapp ist, ändert das Portal Sowon nichts.

(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • 30 000 Anträge auf eine Sozialwohnung wurden im vergangenen Jahr gestellt. Jeder dritte davon trägt den Vermerk "höchste Dringlichkeit".
  • Die Stadt kann allerdings nur knapp 3000 Wohnungen vergeben.
  • Das Internetportal Sowon hat schon einiges verbessert, die Stadt arbeitet derzeit jedoch an einem neuen Programm gegen Wohnungslosigkeit.

Von Anna Hoben

Ungefähr 9000 Menschen haben in München zurzeit keine Wohnung, darunter knapp 2000 Kinder. "Die Gefahr, wohnungslos zu werden, ist sehr hoch, bis tief in ganz normale Einkommensschichten hinein", sagt Rudolf Stummvoll, Leiter des Amtes für Wohnen und Migration.

Um dem Bedarf gerecht zu werden, bräuchte die Stadt dreimal so viele Sozialwohnungen, rechnet er vor. Die Zahl der Anträge auf eine geförderte Wohnung ist 2017 im Vergleich zum Vorjahr um ein Viertel angestiegen: auf 30 000. Mehr als jeder dritte Antrag trägt den Vermerk "höchste Dringlichkeit". Tatsächlich vergeben konnte die Stadt aber nur 3000 Wohnungen.

Insgesamt kann die Stadt über rund 78 000 Wohnungen verfügen, die meisten davon sind Sozialwohnungen. Vergeben werden die Wohnungen seit anderthalb Jahren über das Internetportal Sowon (Soziales Wohnen online), 40 Prozent der Angebote gehen an Wohnungslose oder Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind.

Sowon habe vieles verbessert, berichtet Stummvoll: Wohnungen seien nun "sofort im ersten Lauf weg, nicht erst nach monatelangen Leerständen" - weil die Suchenden sich gezielt auf jene Angebote bewerben können, die ihnen zusagen. An der Tatsache, dass das Angebot viel zu knapp ist, ändert das Portal freilich nichts. Dazu kommt, dass bei vielen Apartments die Bindung ausläuft, das heißt, sie verlieren ihre Eigenschaft als Sozialwohnung.

Die Stadt will deshalb künftig Belegrechte erwerben. Bis zum Sommer, so Stummvoll, wolle das Sozialreferat eine Stadtratsvorlage erarbeiten. Das geplante Programm könnte so funktionieren: Ein Vermieter stellt der Stadt für einen längeren Zeitraum eine Wohnung zur Verfügung, und die Stadt kann diese mit Mietern belegen, die auf dem freien Markt keine Chance hätten. Der Vermieter soll eine Prämie erhalten und eine vermutlich ortsübliche Miete kassieren. Was der Mieter davon nicht selbst tragen kann, übernimmt die Stadt.

Das Münchner Netzwerk Wohnungslosenhilfe indes hofft, dass sich auch ohne Prämie soziale Vermieter finden lassen. Mit seiner neuen Kampagne "München - Wohnstadt mit Herz" appelliert es an alle, die Wohnungen zu vergeben haben, diese an Menschen zu vermieten, die es auf dem Wohnungsmarkt besonders schwer haben. In dem Netzwerk sind fünf soziale Träger zusammengeschlossen, die verschiedene Angebote für wohnungslose Menschen zur Verfügung stellen.

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