Datenauswertung:So tickt der Bundestag

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(Foto: dpa; Bearbeitung SZ)

Was essen die Abgeordneten? Wie viel arbeiten sie? Und wie zufrieden sind sie mit ihrem Leben? Zentrale Ergebnisse der SZ-Bundestagsumfrage im Überblick.

von Sabrina Ebitsch (Text) und Christian Endt (Grafiken)

Ist es ein verstecktes Plädoyer gegen Neuwahlen? Oder einfach nur ein Song? Zu den wenigen Stücken, die mehr als ein Mitglied des Deutschen Bundestags als Lieblingslied angibt, gehört Queens "The Show must go on".

Es geht also weiter in Berlin, in absehbarer Zeit soll der neue Bundestag unter einer neuen Regierung mit einer neuen alten Koalition zum Alltag übergehen können. Bis es soweit ist, hat eine Datenanalyse der Süddeutschen Zeitung versucht herauszufinden, wie gut die Volksvertretung das Volk repräsentiert ( die Antwort lesen Sie hier). Die SZ hat an alle Abgeordneten einen Fragebogen verschickt und sie nach Lebenssituation und soziobiographischen Merkmalen befragt. Wir wollten aber auch einen Eindruck davon bekommen, wie der Bundestag tickt. Deswegen ging es im Fragebogen neben dem Lieblingslied auch um Ernährungsgewohnheiten, Besitzverhältnisse oder Arbeitsbelastung. Die Ergebnisse im Überblick:

Arbeiten und Pendeln:

120 Arbeitsstunden pro Woche ist der Rekordwert. Ob der oder die Abgeordnete auf der Tastatur verrutscht ist oder Werbung für den Berufsstand machen wollte, ist nicht bekannt. In der Fragestellung wurden die Abgeordneten zwar gebeten, auch ihre Reisezeit etwa in den Heimat-Wahlkreis zu berücksichtigen, trotzdem käme der/die Befragte damit bei einer Sieben-Tage-Woche auf einen 17-Stunden-Tag. Und es sind nicht nur einzelne Ausreißer, die dem Vorurteil vom arbeitsscheuen Abgeordneten widersprechen. Die große Mehrheit der Bürger hat eine 40-Stunden-Woche oder weniger. Bei den Parlamentariern ist es genau umgekehrt: Mehr als 90 Prozent der Parlamentarier arbeiten 55 und mehr Stunden, fast die Hälfte mehr als 70 Stunden pro Woche.

Die stundenmäßig hohe Arbeitsbelastung hat sicher auch damit zu tun, dass die Abgeordneten viel Zeit auf der Straße, der Schiene oder in der Luft verbringen, um in den eigenen Wahlkreis zu fahren oder Termine wahrzunehmen. Mehr als drei Viertel der Parlamentarier legen pro Woche mehr als 500 Kilometer zurück. Bei den Bürgern machen diese Extrempendler nur wenige Prozent aus. Die meisten Bürger haben moderate Pendelwege und fahren heruntergerechnet nicht mehr als 50 Kilometer zur Arbeit und zurück.

Autos und Immobilien:

Dass die Abgeordneten etwas häufiger ein Auto besitzen als der Bundesdurchschnitt (84 Prozent vs. 79 Prozent) steht womöglich auch in Zusammenhang mit den Wegen, die zurückgelegt werden müssen. Einen deutlicheren Überhang gibt es beim Thema Wohnen: Abgeordnete besitzen eher ein Haus oder eine Wohnung als die Bundesbürger, die mehrheitlich (56 Prozent) zur Miete wohnen. Die meisten Abgeordneten (63 Prozent) wohnen in einer eigenen Immobilie, nur 37 Prozent mieten.

Zufriedenheit und Essen:

Trotz der zeitlich hohen Arbeitsbelastung sind die Menschen im Bundestag im Schnitt zufriedener als die bei von ihnen vertretenen Bürger, wenn auch eher knapp: Die Mehrheit der Parlamentarier bewertet ihr Leben auf einer Skala von 1 bis 10 mit einer 8 (37 Prozent) oder 9 (30 Prozent), bei den Bürgern sind das nur 31 beziehungsweise 23 Prozent. Die wiederum vergeben etwas häufiger den Höchstwert, führen aber ansonsten eher in den mittleren Bereichen. Eine leichte Verzerrung könnte dadurch zustande kommen, dass womöglich eher engagierte, motivierte Abgeordneten bereit waren, den Fragebogen auszufüllen.

Am Essen jedenfalls kann es nicht liegen, im Vergleich zur Bevölkerung gibt es hier nur geringe Unterschiede. Im Bundestag verzichtet man etwas häufiger auf Fleisch und Fisch, sieben Prozent der Volksvertreter ernähren sich vegetarisch, bei den Bürgern sind es nur zwei Prozent. Vegan lebt nur ein Prozent der Bevölkerung, im Bundestag 1,3 Prozent. In einer Kantine mit täglicher Currywurst vielleicht auch besser so.

Bleibt noch zu erwähnen, dass zwei Abgeordnete "I will survive" als Lieblingslied angegeben haben. Vielleicht ein Witz, vielleicht die politische Zielsetzung für die laufende Legislaturperiode. Ausnahmsweise sei an dieser Stelle doch etwas zur Parteipolitik gesagt: Einer der beiden Gloria-Gaynor-Fans gehört der SPD-Fraktion an.

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