Puchheim:Bürgerbegehren gegen Geothermie

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Auf einer Versammlung in Puchheim kündigt ein Sprecher der Initiative an, Unterschriften zu sammeln

Von Peter Bierl, Puchheim

Die Initiative zur Geothermie in Puchheim hat am Montag ihr Bürgerbegehren gestartet. "Wir sind an den Punkt gelangt, das Projekt zu verhindern, weil es keine Klärung gibt", sagte Michael Peukert, einer der Sprecher, auf einer Veranstaltung der Gruppe im Restaurant Takis, zu der mehr als 150 Bürger gekommen waren. Nach Ansicht der Initiative ist die Gefahr von Schäden an Häusern in Puchheim "erhöht", weil der Untergrund in dem früheren Sumpfgebiet weich ist und das Grundwasser hoch steht. "Ein Haarriss in der Gebäudewanne reicht, damit das ganze Haus absäuft", warnte Peukert. Allerdings saßen im Publikum auch Befürworter der Geothermie. Ein Zuschauer warf der Initiative "Panikmache" vor. Stadtrat Wolfgang Wuschig (UBP) widersprach der Behauptung, das Trinkwasser könnte verschmutzt werden.

Peukert betonte, dass Experten die Gefahr von Beben nicht ausschließen. In Unterhaching hätten sich bislang etwa 600 Beben ereignet und in Poing seien die Erdstöße nach fünf Jahren Betrieb aufgetreten. Insbesondere die Reinjektion des Tiefenwassers erfolge "mit hohem Druck", was im Untergrund für Spannungen sorge. Dagegen hatte der Leiter des Geophysikalischen Instituts in Fürstenfeldbruck, Joseph Wassermann, der SZ erklärt, es würde nur leichter Druck angewandt. Peukert forderte zu berücksichtigen, dass Puchheim auf Sumpf und Müll gebaut sei. Der weiche Untergrund verstärke Beben.

"Wir sind an den Punkt gelangt, das Projekt zu verhindern, weil es keine Klärung gibt", sagte Michael Peukert, einer der Sprecher, auf einer Veranstaltung der Gruppe im Restaurant Takis. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Nach Angaben Peukerts werden bei Bohrungen Chemikalien verwendet, die ins Trinkwasser gelangen könnten. Wuschig wies hingegen darauf hin, dass das Wasser aus der Gilchinger Schotterebene fließt und die Bohrlöcher stromabwärts von den Brunnen liegen. Die Bohrenden hingegen liegen etwa 2000 Meter tief. Der Müll sei ausgebaggert worden und die Häuser stünden auf festen Kiesschichten. Andere Zuschauer widersprachen: Das treffe nur auf die Hochhäuser in der Planie zu.

Eine weitere Gefahr besteht nach Ansicht der Initiative darin, dass Gas freigesetzt wird. In Weilheim habe man eine Geothermie-Bohrung deshalb abgesetzt. In Freiham werde seit etlichen Tagen Gas abgefackelt, sagte Peukert und zeigte dazu ein Foto. Die Stadtwerke München widersprachen dieser Darstellung. Neben dem Geothermiekraftwerk stünde ein Gaskessel für Spitzen, Erdgas werde regulär verbrannt, sagte der Pressesprecher. Die Anlage läuft seit Herbst 2016 im Vollbetrieb.

Vor der ersten Bohrung müsse der Zustand sämtlicher Häuser dokumentiert werden, fordert Michael Peukert von der Bürgerinitiative vor den Besuchern im Restaurant Takis. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Hauptsorge von Anwohnern ist, dass sie auf Schäden sitzen bleiben. Peukert widersprach der Darstellung von Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) und der Bohrfirma Exorka, wonach es eine Beweislastumkehr gebe. Das Bergrecht sehe lediglich eine "Bergschadensvermutung" vor. Der Betreiber müsse lediglich eine "andere plausible Ursachenkette darlegen, um die Vermutungswirkung zu erschüttern", zitierte Peukert. Das Anbringen von einigen Messpunkten sei völlig ungenügend, dadurch würden lediglich Hebungen und Senkungen festgestellt.

Notwendig wäre eine Beweissicherung vor der Bohrung, um den Zustand aller Häuser zu dokumentieren, durch Fotos und Gutachter. Das allerdings wäre teuer, sagte Peukert. Er setzte mindestens 500 Euro pro Haus an. Der mögliche Einwirkungsbereich der Geothermie umfasse jedoch ein Gebiet, das Eichenau und Alling sowie große Teile von Germering und Gröbenzell einschließe.

Als zweiter Referent trat Werner Müller von der Bürgerinitiative Energieforum Rohrbach und Insheim in der Südpfalz auf. Er berichtete von den dortigen Anlagen, die radioaktives Radon freisetzten. Allerdings sind die geologischen Bedingungen im Rheingraben ganz anders, und dort wird wesentlich tiefer gebohrt und mit dem heißen Wasser auch Strom produziert. Müller warnte, dass der Wirkungsgrad der Geothermie schlecht sei. "90 Prozent der Wärme wird vernichtet", sagte er. Dafür würden eigene Rückkühlanlagen installiert. Das werde es in Puchheim nicht geben widersprach Wuschig. Durch die Wärmetauscher werde das Wasser nur um etwa 20 Grad abgekühlt, bevor es wieder in den Untergrund gepresst wird.

Außerdem werde billiger Strom zugekauft, um solche Anlagen zu betreiben, erklärte Müller. Peukert forderte eine Gesamtenergiebilanz der Geothermie. Der Sprecher der Bürgerinitiative plädierte dafür, die 2,5 Millionen Euro für die Geothermie besser für Wärmepumpen und Solarkollektoren auszugeben. Peukert betonte, dass die Initiative das Bürgerbegehren zurückziehen werde, sollten die Betreiber ein akzeptables Schadensmanagement vorlegen. In der Diskussion wurde aber klar, dass daran keiner glaubt.

© SZ vom 28.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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