Carsharing:Europcar steigt bei Car2go aus

Nach BMW hat nun auch Daimler alle Anteile an seiner Mietauto-Tochter aufgekauft. Einer Vermählung der zwei jungen Töchter der Autohersteller steht damit nichts mehr im Wege.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Nach BMW hat nun auch Daimler seine Hausaufgaben gemacht, damit steht einer Vermählung der beiden Töchter DriveNow und Car2go nichts mehr im Weg. Der Stuttgarter Konzern hat dem französischen Autovermieter Europcar dessen 25-Prozent-Anteil an dem Gemeinschaftsunternehmen Car2go Europe GmbH abgekauft und ist damit alleiniger Eigentümer des Fahrzeug-Vermieters. Ähnliches hatte BMW bereits im Januar vermeldet: Die Münchner erwarben von Sixt deren 50 Prozent am gemeinsamen Carsharing-Unternehmen DriveNow. Eine Fusion von Car2go und DriveNow gilt in der Branche als ausgemachte Sache, diese könnte noch in diesem Jahr vollzogen werden.

Sobald die Kartellbehörden die zwei vorbereitenden Deals abgesegnet haben, könnten Daimler und BMW in dem zukunftsträchtigen Markt der flexiblen Autovermietung gemeinsame Sache machen. Sowohl Car2go als auch DriveNow bieten das sogenannte Freefloating-System an. Das heißt: Die Kunden können ihr Mietfahrzeug innerhalb des jeweiligen Stadtgebiets abholen und abstellen, wo sie wollen. Abgerechnet wird die Mietdauer minutengenau.

Viele Autohersteller forcieren derartige Angebote als Reaktion auf ein verändertes Kaufverhalten der Menschen; Immer mehr junge Stadtbewohner legen keinen Wert mehr auf ein eigenes Fahrzeug. Nicht zuletzt wegen der zunehmenden Staus und Parkplatzprobleme bevorzugen sie flexible Lösungen, die sie von A nach B bringen. Deshalb bieten die Autobauer neben dem reinen Verkauf von Fahrzeugen verstärkt Mobilitäts-Dienstleistungen an. Carsharing verzeichnete in den vergangenen Jahren starken Zulauf: DriveNow hat europaweit eine Million Kunden, Car2go drei Millionen. Größte Standorte der Daimler-Tochter in Deutschland sind Berlin mit 1100 Autos und Hamburg mit 800. Zudem ist das Unternehmen auch in Nordamerika und China vertreten.

Die Konzerne wappnen sich im Wettbewerb mit Google und Uber

Über Umsatz und Gewinn schweigen beide Konzerne. Noch gilt Carsharing als Draufzahlgeschäft. Um Kosten zu sparen, hat Car2go jüngst in Stuttgart das Verbreitungsgebiet der Mietwagen verkleinert. Die schwierige Ertragssituation wäre ein Grund mehr für eine Zusammenarbeit der zwei konkurrierenden Anbieter. Dabei sei geplant, auch nach einer möglichen Fusion die zwei Marken DriveNow und Car2go fortzuführen, heißt es aus Industriekreisen. Nur im Hintergrund wollten Daimler und BMW zusammenarbeiten.

Beide Konzerne wollen im Carsharing wichtige Erfahrungen sammeln, um künftig im Wettbewerb mit Internet-Plattformen wie Google oder Uber bestehen zu können. Dabei spielt auch der Umgang mit den gesammelten Daten eine Rolle: Car2go verfüge über Algorithmen, welche die Nachfrage vorhersagten und somit eine gezielte Steuerung der Flotten ermöglichten, teilt Daimler mit. Dieses Know-how sei in Zukunft wichtig "für die Steuerung autonomer Fahrzeug-Flotten".

Daimler und Europcar hatten Car2go im Jahr 2012 gegründet, die Franzosen bekamen für ihr Viertel nun 70 Millionen Euro. DriveNow existiert seit 2011 - das Unternehmen gehörte BMW und Sixt jeweils zur Hälfte. Im Januar legte der Autobauer 209 Millionen Euro auf den Tisch - dem Vernehmen nach war Sixt strikt gegen eine Fusion mit Car2go. Medienberichte, wonach BMW und Daimler die Fusion bereits besprochen hätten, kommentieren beide Unternehmen nicht. BMW-Vorstand Peter Schwarzenbauer sagte im Januar immerhin, nach dem Erwerb aller Anteile seien "alle Optionen für eine strategische Weiterentwicklung" offen.

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