Fleisch ist ungesund:Die rote Gefahr

Wer viel Rind- und Schweinefleisch isst, verkürzt sein Leben - das belegt eine neue Langzeitstudie. Das Ergebnis: Viele Todesfälle hätten verhindert werden können.

Christina Berndt

Rotes Fleisch schadet Ihrer Gesundheit und der dieses Planeten. So könnten die Warnhinweise an der Fleischertheke künftig lauten. Ernährungswissenschaftler und Gesundheitsbewusste haben Wurst und Fleisch schon lange auf dem Kieker. Aber eine neue Studie an einer halben Million Menschen klagt beide nun besonders drastisch als Mittler eines frühen Todes an.

Fleisch ist ungesund: Nur in Maßen gesund: rotes Fleisch.

Nur in Maßen gesund: rotes Fleisch.

(Foto: Foto: dpa)

Mehr als 500.000 Amerikaner hat ein Forscherteam vom National Cancer Institute in den USA im Jahr 1995 nach ihren Ernährungsvorlieben gefragt. Dann wurde ihr Schicksal mehr als zehn Jahre lang verfolgt. In dieser Zeit zeigte sich: Wer besonders viel rotes Fleisch (von Rind, Schwein, Lamm oder Ziege) sowie verarbeitete Fleischprodukte wie Würstchen isst, hat bei gleichem Alter, gleichen Rauchgewohnheiten und auch sonst ähnlichen Eigenschaften ein 1,3-fach so hohes Risiko zu sterben wie jemand, der besonders wenig davon isst.

Ursache ist offenbar, dass das Fleisch die Rate von Herzinfarkten und Krebskrankheiten etwa in dieser Größenordnung erhöht. Weißes Fleisch wie Huhn und Pute trägt dagegen nicht zum früheren Ableben bei, berichten die Forscher (Archives of Internal Medicine, Bd.169, S.562, 2009).

"Wenn alle Teilnehmer so wenig Fleisch gegessen hätten wie die Gruppe mit dem niedrigsten Konsum, hätten sich elf Prozent aller Todesfälle unter Männern und 16 Prozent unter Frauen verhindern lassen", so die Autoren.

Die Herzinfarktrate wäre bei Männern um elf Prozent und bei Frauen um 21 Prozent niedriger gewesen. Dabei haben die größten Fleischesser in der Studie gar nicht aufsehenerregend viel Fleisch konsumiert - sie nahmen durchschnittlich rund 150 Gramm pro Tag zu sich. Für deutsche Männer ist das Mittelmaß.

"Besonders gute Arbeit"

Auf ihre Studie sind die Autoren besonders stolz. Für frühere Fleisch-Studien seien oft mehrere Erhebungen zusammengefasst worden, weil die Teilnehmerzahlen zu klein waren. Aber ein solches Zusammenfassen von Daten ist wissenschaftlich fragwürdig. Schließlich wurden die Teilnehmer unterschiedliche Dinge zu unterschiedlichen Zeitpunkten gefragt - und waren auch selbst sehr unterschiedlich. So wurden die Essgewohnheiten von Siebenten-Tags-Adventisten in Kalifornien mit denen von europäischen Vegetariern in einen Topf geworden.

"Angesichts der Limitationen, die jede Ernährungsstudie birgt, ist das eine besonders gute Arbeit und zudem die größte ihrer Art", bestätigt Sabine Rohrmann vom Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg. Rohrmann arbeitet an der Epic-Studie mit, einer großen europäischen Ernährungsstudie, die vor kurzem bei starken Fleischkonsumenten ein erhöhtes Risiko für Darm- und Magenkrebs an den Tag gebracht hat.

Seither rätseln Wissenschaftler, weshalb ausgerechnet rotes Fleisch so negative Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Verschiedene Gründe dafür sind möglich. So entstehen beim Braten krebserregende Substanzen - und dies könnte beim roten Fleisch ausgerechnet wegen des hohen Eisengehalts besonders stark der Fall sein, sagt Heiner Boeing vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam.

Zudem hat rotes Fleisch einen hohen Gehalt an gesättigten Fettsäuren, die Herzkrankheiten befördern. Der deutsche Medizinnobelpreisträger Harald zur Hausen glaubt zudem, dass Rindfleisch von krebserregenden Viren befallen sein könnte: "Auch wenn sich die Fleischindustrie bei mir schon beschwert hat", sagte er der SZ, "ich meide rohes Rindfleisch."

Nicht gleich Vegetarier werden

Das alles heiße aber nicht, dass man gleich Vegetarier werden solle, betont der Ernährungsepidemiologe Barry Popkin von der University of North Carolina in einem Kommentar zur US-Studie. In Maßen sei rotes Fleisch schon wegen seines Eisens auch gesund. Die Menschen sollten eben weniger davon essen - das wäre auch gleich ein Beitrag zum Umweltschutz, so Popkin.

Zwischen 15 und 25 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs flössen in die Viehzucht. Und knapp 20 Prozent der Treibhausgase würden vom Vieh ausgestoßen - mehr als vom Verkehr. Das sind gesicherte Zahlen. Trotzdem sahen sich die Herausgeber der Zeitschrift zu folgendem Hinweis genötigt: Popkin "ist kein Vegetarier und hat keinen finanziellen Interessenkonflikt im Hinblick auf irgendwelche Nahrungsmittel".

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