Neue Bundesregierung:Eine anachronistische Wahl - selbst für die CSU

CSU-Vorstandssitzung

Männlich dominiert - das zukünftige CSU-Spitzenpersonal.

(Foto: dpa)

Mit der Ernennung Dorothee Bärs zur Staatsministerin kaschiert die Partei, dass sie kein einziges wirkliches Berliner Spitzenamt an eine Frau vergibt. Mit einer anderen Personalie überzeugt Seehofer aber.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Das Verkaufen war schon immer eine Stärke der CSU - wenn die Partei eine Gebrauchtwagen-Handlung wäre, könnte sie vermutlich sogar alte Euro-4-Diesel zu gutem Geld machen. Damit derlei gelingt, bedarf es Chuzpe und die Bereitschaft zur Blenderei. Dass die Christsozialen beides besitzen, haben sie jetzt wieder unter Beweis gestellt. Dorothee Bär wurde am Montag wie eine neue Ministerin präsentiert, dabei bleibt sie doch parlamentarische Staatssekretärin. Sie darf sich künftig lediglich "Staatsministerin" nennen, weil sie ihre Arbeit nicht mehr im Verkehrsministerium, sondern im Kanzleramt leisten wird. Eine Bundesministerin ist sie deshalb aber noch lange nicht.

Die CSU dürfte mit ihrer Blenderei trotzdem Erfolg haben. Den meisten Bürgern ist der Unterschied zwischen Staatsministern und ordentlichen Ministern nicht geläufig. Außerdem heißen in Bayern - anders als im Bund - die ordentlichen Minister Staatsminister. Und so wird Dorothee Bär, wo immer sie in Zukunft im Freistaat mit ihrem Titel "Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin" auftritt, von den meisten Bürgern wie eine echte Ministerin wahrgenommen werden.

Das wird dann einen erheblichen Mangel an dem Personal-Tableau der CSU kaschieren. Denn die Partei darf in der neuen Bundesregierung drei Minister stellen - hat für alle drei Ämter aber nur Männer ausgewählt. CDU und SPD besetzen ihre Ressorts paritätisch, bei der CSU gilt dagegen die Null-Prozent-Quote. Da an der Spitze der CSU im Bundestag Alexander Dobrindt steht, werden die Christsozialen in Berlin mit keiner einzigen Frau mehr in der ersten Reihe vertreten sein. Das ist sogar für eine konservative Partei ein nicht mehr hinnehmbarer Anachronismus.

Bei einer Personalie ist die CSU mit der Zeit gegangen

Abgesehen davon hat Horst Seehofer jetzt aber ein Tableau präsentiert, das in seiner Partei für Wohlgefallen sorgen wird. Die 39-jährige Bär und der neue Verkehrsminister Andreas Scheuer (43) stehen für die nötige Verjüngung. Entwicklungsminister Gerd Müller ist - im Gegensatz zu Scheuer oder Dobrindt - in der Flüchtlingspolitik als Mann der leisen und vermittelnden Töne aufgefallen. Für Christsoziale, die sich in Helferkreisen oder in den Kirchen engagieren, ist er ein wohltuender Ausgleich. Außerdem decken Müller, Scheuer und Bär - zusammen mit Dobrindt - beinahe idealtypisch die bayerischen Regionen ab. Bär ist Fränkin, Müller Schwabe, Scheuer Nieder- und Dobrindt Oberbayer.

Am überzeugendsten ist aber die Wahl von Markus Blume zum neuen Generalsekretär. Der 43-Jährige ist kein Wadlbeißer, sondern ein nachdenklicher Stratege. Als Chef der CSU-Grundsatzkommission war er für die Modernisierung des Parteiprogramms verantwortlich. Zumindest bei dieser Personalie ist Seehofer mit der Zeit gegangen.

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