Konzert:Für immer Ibbenbüren

Konzert: "Das Dorf war L.A. und wir eine Gang", singen die "Donots" in einem Song ihres neuen Albums "Lauter als Bomben". Die Band um die Brüder Ingo und Guido Knollmann gibt es seit 25 Jahren.

"Das Dorf war L.A. und wir eine Gang", singen die "Donots" in einem Song ihres neuen Albums "Lauter als Bomben". Die Band um die Brüder Ingo und Guido Knollmann gibt es seit 25 Jahren.

(Foto: Dennis Dirksen)

Die Musiker der Rockband "Donots" stehen zu ihrer Jugend auf dem Land. Ihr neues Album stellen sie nun in München vor

Von Christian Jooss-Bernau

Im Herbst feiern sie hier das Kartoffelfest "Tolle Knolle". Ibbenbüren ist eine kleine Bergbaustadt nördlich von Münster. Es gibt einen Kletterwald und ein Motorradmuseum. Mitten in der Stadt liegt der Aasee. Man kann auf ihm wahlweise segeln oder Tretbootfahren. Der Gitarrist Guido Knollmann ist nach Ibbenbüren zurückgezogen. Bruder Ingo wohnt seit drei Jahren in Köln und findet es dort jetzt auch kulturell super. In Ibbenbüren waren sie froh, wenn überhaupt mal was passierte: "Andererseits hat man viel Zeit gehabt, sich um wichtige und gute Sachen zu kümmern", sagt Ingo Knollmann. Die beste Sache war ziemlich sicher ihre Band. Die Donots. Die gibt es seit 1993. Und 25 Jahre nach ihrer Gründung sind sie mit ihrem neuen Album "Lauter als Bomben" erfolgreicher als jemals zuvor.

Ein Song heißt "Das Dorf war L.A.". Er ist nur knapp eine Minute lang. Aber die reicht dem Sänger für eine Liebeserklärung an damals: "Ideale gestapelt und Hauptsache Punk / das war alles wichtig, haben wir da schon erkannt / Das Dorf war L.A. und wir eine Gang". Im milden Licht der Vergangenheit bekommt die Jugend eben so einen speziellen Schimmer. Gleich im Anschluss hauen die Donots "Eine letzte Runde" raus. Eine Nummer über den Moment, in dem man kurz davor ist, in der Kneipe mitaufgestuhlt zu werden und sich dann doch für's Gehen entscheidet. Der Punk der Donots ist kumpelig, aber, wie noch zu sehen sein wird, sie wissen, mit wem sie nicht saufen gehen wollen.

Proberaum und Studio haben die Donots heute in Münster, in einem Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg. In Münster haben sie auch ihr Büro und das Merchandise-Lager. Ihre Lieblingskneipen reihen sich am Hansaring auf: Plan B, die Watusi Bar, Bohème Boulette. Wirkt alles voll normal, wie Ingo das erzählt. Ein bisschen wie deutscher Bandmittelstand mit verwaschenen Erinnerungen an die Abstürze der Jugend. Aber man hat ja auch Verantwortung - sieben Kinder, insgesamt. "Man muss auch den Rockstar in sich selbst killen, wenn man in einer Punkband ist", sagt Ingo. "Da geht es nicht darum, sich maximal selbst zu beweihräuchern. Punk ist ja letzten Endes Malen nach Zahlen. Das ist ja keine Raketenwissenschaft. Das ist aber auch genau die Stärke, die Punk hat."

Die Donots versuchen nicht mehr, Ibbenbüren aus der Band rauszukriegen. "Wenn du ein Landkind bist, warum musst du den Leuten dann von der Großstadt erzählen?", fragt Ingo Knollmann rhetorisch. Deutschland ist in der Masse eben Provinz. "Lauter als Bomben" ist allerdings erst die zweite Platte, auf der die Donots auf Deutsch singen. Auch wenn es sich anhört, als hätten sie das seit Beginn ihrer Karriere getan, ging die Umstellung nicht ohne einen Sänger, der sich Gedanken macht.

Vorbilder sind rar: "Ich finde das Gros an deutschen Texten ganz ganz schlimm", sagt Ingo Knollmann. Möglicherweise liegt das auch daran, dass viel von dem, was man heute Popmusik nennt, früher unter Schlager lief. Schlager hat sich Ingo Knollmann Vorbereitung auf das Deutschsingen auch angehört. Einfach um zu wissen, was gar nicht geht. Auf der anderen Seite steht einer wie Sven Regener oder Stephan Mahler, der einst die Texte für Slime schrieb. Oder Muff Potter. Oder Marcus Wiebusch von ...But Alive.

Deutschpunk, das ist auch das Mittel der Wahl, um sich gegen den grassierenden Nationalismus zu impfen. In "Rauschen auf jeder Frequenz" fordern die Donots das alte Testbild zurück, den Sendeschluss. Statt sozialmediales Dauerfeuer von Demagogen. Reale Welt und digitaler Raum entkoppeln sich, das hat auch Knollmann festgestellt. Die Band ist auf allen Kanälen unterwegs: "Sobald wir uns klar gegen Rechts positionieren, haben wir sofort ein Kader an Trollseiten aus dem Internet, die einen Wahnsinn loslassen." Schweigen ist keine Option: "Ich bin seit dem Sprachwechsel viel selbstbewusster, Leuten vor die Füße zu kotzen. Ich halte es schon fast für fahrlässig, wenn wir uns nicht äußern."

So ein Sprachwechsel bringt aber auch ästhetische Dynamik mit sich. Den Ramones oder Bad Religion gesteht Knollmann zu, dass sie ihre Karriere damit bestritten haben, immer dasselbe Album noch einmal aufzunehmen. Pioniere eben. Was die eigene Band betrifft, ist Stagnation für ihn ein Graus. Und so pendelt die neue Platte zwischen Rotzrockexplosion und Poprock, spürt man das Bemühen, jedem Song sein eigenes Klanggefühl zu geben. Bevor man sich fragt, ob das nicht irgendwann zuviel des Guten wird, um noch ordentlich zu knallen, beruhigt Ingo. Er weiß, dass Perfektion eben auch eine Falle ist, in der schon mancher Punk verendet ist: "Musik", sagt er, "muss meiner Meinung nach immer ne Spur Scheiße bleiben."

Donots, Donnerstag, 8. März, 20 Uhr, Tonhalle, Grafinger Straße 6

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: