Asyl:Integration ist die nächste Aufgabe

Das Landratsamt reagiert auf neue Herausforderungen in der Flüchtlingspolitik.

Von Michael Berzl

Helferkreise lösen sich auf oder sind nur noch halb so groß, wie sie einmal waren. Zugleich reduziert das bayerische Sozialministerium drastisch die Zahl der Asylsozialarbeiter. Das sind die personellen Rahmenbedingungen drei Jahre nach der großen Flüchtlingswelle und damit in einer Phase, in der die Arbeit keinesfalls leichter wird. Jetzt geht es nicht mehr um die Unterbringung der Menschen, die vor Krieg und Unterdrückung nach Deutschland geflohen sind, sondern um ihre Integration. "Eine noch größere Aufgabe", wie der zuständige Fachbereich im Starnberger Landratsamt erklärt. Die Kreisbehörde reagiert auf die neuen Herausforderungen und will nach dem Vorbild anderer Landkreise einen Fahrplan mit Zielen und Handlungsfeldern erarbeiten. Ansprechpartner sollen darin genannt werden, um die Zuwanderer an die zuständigen Stellen zu vermitteln. Mitarbeiter in Behörden sollten für das Thema sensibilisiert und interkulturell geschult werden.

Etwa 1700 Asylbewerber leben derzeit noch im Landkreis Starnberg, vor allem in Containeranlagen. Fast ein Drittel ist schon anerkannt, wesentlich mehr werden aber noch lange Zeit hier bleiben, und sei es nur, weil sie sich per Klage gegen einen negativen Bescheid wehren, wie Sabine Neumann, die den Fachbereich Asyl leitet, im Kreisausschuss erläuterte.

Zum Teil sind das Menschen, die nach der Flucht massive psychische Probleme haben und fachliche Betreuung brauchen, wie ihre Kollegin Katharina Tränkler berichtete. Pro Monat nehme etwa die Psychiatrische Klinik in Gauting Asylbewerber auf. "Die kommen manchmal mit völlig falschen Vorstellungen. Die fallen in ein tiefes Loch, wenn sie dann sehen, wie es hier wirklich ist", sagte sie im Ausschuss.

Perspektivlosigkeit und fehlende Tagesstrukturen können auch noch ganz andere Folgen haben: steigende Kriminalität in verschiedenen Bereichen. Laut Tränkler gibt es nun auch im Landkreis Starnberg Vandalismus, Drogenhandel auch in organisierter Form, Prostitution, auch von Männern. "Das sind Tendenzen, die wir schon beobachtet haben", sagte Tränkler. Zugleich sieht sie die "große Gefahr" der Radikalisierung. Umso mehr sieht man im Landratsamt die Notwendigkeit, dem unter anderem durch Beschäftigungsangebote entgegenzuwirken. Ein Beispiel sind Nähkurse, die angeboten werden.

Bisher übernehmen die Helferkreise auch bei der Integration der Flüchtlinge wichtige Aufgaben. Anfangs haben die Mitarbeiterinnen Möbel oder Fahrräder organisiert. Mittlerweile verbringen sie viel Zeit damit, sich mit den Tücken der Bürokratie herumzuschlagen; sie helfen dabei, Anträge auszufüllen, telefonieren mit Ämtern oder Ärzten. Allerdings lässt der Elan nach. Die Zahl der Helfer sei "extrem rückläufig", stellt man im Landratsamt fest, "die Frustration der Verbliebenen sehr hoch". Daher bräuchten sie dringend Entlastung durch hauptamtliche Ansprechpartner. Die Realität sieht anders aus. Der Verein "Hilfe von Mensch zu Mensch" hat bisher 11,7 Stellen, wie Landrat Karl Roth berichtete. Langfristig sind es nur noch hauptberuflich 6,7 Stellen für 14 Großunterkünfte.

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