Kritik von der Opposition:Air Gabriel

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Der scheidende Außenminister hat dem kleinen Flughafen Braunschweig während seiner Amtszeit zu unerwarteter Popularität verholfen. Allein 63 Mal bestellte er die Flugbereitschaft - weil sein Wohnort Goslar um die Ecke liegt.

Von Mike Szymanski

Der Rückzug von Sigmar Gabriel als Außenminister hat nicht nur in manchen europäischen Hauptstädten Bedauern ausgelöst. Auch die niedersächsische Stadt Braunschweig hat einen ganz konkreten Grund, den SPD-Minister zu vermissen. In seinem Jahr als Außenminister hat Gabriel dem kleinen Flughafen der Stadt, der keinen Linienflugverkehr abwickelt, zu unerwarteter Popularität verholfen. Er baute den Airport zu seinem Braunschweig International aus, wenn man so will.

Während die Bundesminister in der Regel ihre Reisen von Berlin aus absolvieren, wie die Flugbereitschaft der Bundeswehr auf Anfrage mitteilte, beorderte Gabriel die Regierungsflieger gerne in großer Regelmäßigkeit nach Braunschweig. Der Flughafen liegt nur gut eine Dreiviertel Autostunde von Gabriels Heimatstadt Goslar entfernt, und damit ganz günstig, gerade, wenn es mal sehr früh oder sehr spät wird.

Allein 63 Flüge mit Start oder Ziel Braunschweig absolvierte Gabriel seit Anfang 2017, wie das Verteidigungsministerium nun auf Nachfrage der Grünen-Abgeordneten Agnieszka Brugger offenlegte. Für seine Mitarbeiter im Auswärtigen Amt bedeutetet dies, oft erst den Weg nach Niedersachsen antreten zu müssen oder teils nachts zurück nach Berlin, wenn Gabriel mit ihnen in die Welt hinauswollte. Und für die Crew der Flieger einen zusätzlichen Stopp, denn wer hat schon etwas davon, wenn der Flieger in Braunschweig steht?

Über die Zusatzkosten, die dadurch anfallen, macht das Verteidigungsministerium keine Angaben. Stattdessen heißt es in der Antwort an die Abgeordneten, für Minister sei die Inanspruchnahme der Flugbereitschaft zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben "grundsätzlich unentgeltlich". Das Regelwerk schließe es auch nicht aus, dass Dienstreisen im oder in der Nähe des jeweiligen Wahlkreises beginnen oder enden könnten. Für den Flughafen Braunschweig macht sich jeder Flug bezahlt. Für Start und Landung der kleinen Maschinen der Flugbereitschaft würden nach Angaben eines Sprechers mindestens 1600 Euro fällig, für größere Maschinen verlange der Flughafen schon etwa 3000 Euro. Außerhalb der Betriebszeiten fallen Extragebühren an. Das Wegbleiben der Regierungsflieger stürze den Airport nicht gleich in Probleme, heißt es in Braunschweig, aber natürlich würde jede Einnahmequelle, die wegbricht, auch ein wenig schmerzen.

Nicht nur Gabriel nutzt den Service. Tatsächlich lassen sich auch andere Minister in die Nähe ihrer Heimat bringen oder dort abholen, wie das Verteidigungsministerium in einer Auflistung aufführt. Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU), auch immer mal wieder im Ausland unterwegs, holte die Regierungsmaschine seit 2016 aber nur zweimal zu sich ins Allgäu. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, wie Gabriel international besonders stark gefordert, brachte es 2017 auf 13 Flüge in Wahlkreisnähe.

Die Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger sagte der Süddeutschen Zeitung: "Ich will nicht jeden der Flüge verurteilen, aber solche Umwege in den Wahlkreis müssen gut begründet werden und die absolute Ausnahme bleiben." Die Zahlen zeigten jedoch, dass manche Minister die Flugbereitschaft "extrem oft" genutzt hätten. "Dazu ist die Flugbereitschaft definitiv nicht da", sagte Brugger.

© SZ vom 13.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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