Astronomie:Wann fängt der Frühling an?

Frühling lässt sich Zeit

Am Dienstag fängt der Frühling an. Zumindest aus astronomischer Sicht.

(Foto: dpa)
  • Der astronomische Frühling beginnt, wenn Tag und Nacht genau gleich lang sind.
  • Früher lag der Frühlingsanfang auf dem 21. März, dieses Jahr ereignet er sich am Dienstag, 20. März.
  • In 30 Jahren wird der Lenz gar schon am 19. März beginnen, einen weiteren Tag wird er allerdings nie vorrücken.

Von Gerhard Joos

Die Sache erinnert spontan an Erich Kästners Buch "Der 35. Mai", die Geschichte eines unmöglichen Tages. In diesem Fall geht es zwar nicht um einen Tag, den es nicht gibt, wohl aber um einen Tag, der lange Zeit nicht mehr sein wird, was er oft war. Es geht um den 21. März. In den Köpfen vieler Menschen ist das der Tag des Frühlingsanfangs, der Moment der Tag- und Nacht-Gleiche. Der Tag, an dem die Sonne den Äquator überquert.

Tatsächlich fiel der Frühlingsangang bereits in den vergangenen Jahren häufig auf den 20. März. Jahrzehntelang war es sogar ein kleines Ratespiel, welcher der beiden Tage im jeweiligen Jahr den Zuschlag bekommen würde. Tatsächlich fiel von 1951 bis zum Jahr 2000 der Frühlingsanfang in Mitteleuropa 30 Mal auf den 20. März und 20 Mal auf den Folgetag. Seither war der 21. März nur noch 2003, 2007 und 2011 der Frühlingsbeginn. Und damit ist es nun für lange Zeit vollends vorbei - für den ganzen Rest des Jahrhunderts. Am Dienstag dieser Woche, wie auch in den kommenden 29 Jahren fällt der Frühlingsanfang auf den 20. März. Wie kommt es dazu?

Vorweg muss ergänzt werden, dass der astronomische Frühlingsanfang gemeint ist. Daneben gibt es auch den meteorologischen, der am ersten März beginnt, und einen sogenannten phänologischen Frühlingsbeginn, dessen Start vom Entwicklungsstand maßgeblicher Zeigerpflanzen, darunter Forsythie und Stachelbeere abhängig gemacht wird. Naheliegenderweise variiert dieser sowohl von Ort zu Ort als auch von Jahr zu Jahr.

Doch zurück zum astronomischen Frühlingsanfang. Da unser Planet mit schiefer und im Wesentlichen starr ausgerichteter Rotationsachse um die Sonne läuft, gibt es vier besondere Positionen. Am 21. Juni (mitunter auch am 20.) ist die Nordhälfte der Erdachse der Sonne maximal zugewandt; für die Nordhemisphäre bedeutet dies den längsten Tag des Jahres und den Sommerbeginn. Am 21. Dezember (gelegentlich am 22.) tritt das gleiche für die Südhalbkugel ein, und im Norden ist Winteranfang. Genau zwischen diesen beiden Extrempositionen gibt es zwei Bahnpunkte der Erde, auf denen die Neigung der Erdachse, die circa 23,5 Grad beträgt, keine Rolle spielt: Die Sonne bescheint in diesen Momenten die beiden Erdhälften genau gleich, und die Tag-Nachtgrenze verläuft durch die Pole. Damit ist jeder Ort auf der rotierenden Erde zwölf Stunden lang der Sonne zu- und zwölf Stunden von ihr abgewandt - es herrscht Tag-und-Nacht-Gleiche. Jeweils am 20. März und am 22. oder 23. September tritt diese Konstellation ein, und je nach Halbkugel ist dann Frühlings- oder Herbstanfang.

Im Jahr 2048 wandert die Tag-und-Nachtgleiche sogar auf den 19. März

Die mit rund 30 Kilometer pro Sekunde um die Sonne reisende Erde nimmt die exakte Mittelposition allerdings genau genommen nur einen Augenblick lang ein. Frühlingsanfang ist also an einem ganz bestimmten Zeitpunkt.

An diesem Dienstag wird das um 17:14:33 Uhr mitteleuropäischer Zeit (MEZ) der Fall sein. Bis zum darauf folgenden Mal werden 365 Tage 5 Stunden 48 Minuten 45 Sekunden verstreichen. Dies ist die Dauer des sogenannten tropisches Jahres, welches für unsere Kalenderrechnung maßgebend ist.

Um das etwas zu vereinfachen, rechnen wir der Einfachheit halber mit einer Jahreslänge von 365 Tagen und sechs Stunden - indem alle vier Jahre, wenn die Jahreszahl ganzzahlig durch vier teilbar ist, mit dem 29. Februar ein Schalttag eingefügt wird. Für den Frühlingsanfang bedeutet das, dass er kalendarisch drei Mal hintereinander knapp sechs Stunden später eintritt, um daraufhin im Schaltjahr um etwas mehr als 18 Stunden vorverlegt zu werden. In diesen Jahren sieht das wie folgt aus:

Aktuell liegt die Schwankung des exakten Frühlingsanfangs komfortabel innerhalb der 24 Stunden des 20. März. Das Hin und Her infolge der Kalenderrechnung findet innerhalb des gleichen Tages Platz. In weiter östlich liegenden Ländern, die in der Uhrzeit voraus sind, bleibt der 21. März noch länger das Datum des Frühlingsanfangs. In China, mit sieben Stunden Zeitvorsprung gegenüber der Mitteleuropäischen Zeit, wird es dieses Jahr beim Eintreten der astronomischen Frühlings-Konstellation der 21. März 00:14 Uhr sein, 2019 in Moskau 21. März 00:58 Uhr.

Zeitpunkte des exakten Frühlingsanfangs

20.3.2016 / 05:29:06 MEZ

20.3.2017 / 11:28:02 MEZ

20.3.2018 / 17:14:33 MEZ

20.3.2019 / 22:58:12 MEZ

20.3.2020 / 04:49:58 MEZ

In Mitteleuropa hat sich der Frühlingsanfang auf den 20. März eingependelt, und zwar bis zum Jahr 2047. Da das mittlere Kalenderjahr von 365,25 Tagen gegenüber dem tropischen Jahr etwas zu lang ist, wird der Frühlingsanfang im Schaltjahr 2048 sogar auf den 19. März, 23:32:48 Uhr, zurückfallen und anschließend jeweils am 20. oder 19. März Frühlingsanfang in den Agenden stehen. Fällt der Frühlingsbeginn irgendwann sogar auf den 18. März? Nein, das verhindert die gregorianische Kalenderrechnung. Die auf einen Erlass von Papst Gregor XIII. von 1582 zurückgehende Rechnung bestimmt, dass die Schaltjahre an den Jahrhundertwenden ausfallen, wenn ihre Zahl nicht ganzzahlig durch 400 (statt bloß 4) teilbar ist.

Damit entfallen in 400 Jahren drei Schaltjahre, was langfristig die präzisere Kalenderjahrdauer von 365,2425 Tagen ergibt. Die Differenz zur echten Dauer einer Sonnenumrundung reduziert sich dadurch auf weniger als eine halbe Minute. Während das Säkularjahr 2000 die Zusatzbedingung erfüllte, wird 2100 der 29. Februar ausfallen. Dadurch rutscht der Frühlingsanfang wieder auf die Sequenz 20. und 21. März.

2102 wird nach mehr als 90-jähriger Pause wieder einmal am 21. März des astronomische Frühlingsbeginn sein - um 01:37 Uhr MEZ morgens.

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