Fernbusse:Mit dem E-Bus von Mannheim nach Frankfurt

Flixbus will eine elektrische Fernverbindung starten.

Von Silvia Liebrich

Flixbus nimmt in Angriff, was viele Experten für kaum machbar halten: Das Unternehmen will die ersten elektrischen Fernbuslinien in Europa einrichten. Eine Teststrecke in Deutschland soll im Sommer zwischen Mannheim und Frankfurt eingerichtet werden, mit zwei Verbindung täglich, wie eine Firmensprecherin der Süddeutschen Zeitung sagte. Bereits bekannt ist, dass Flixbus von April an regelmäßig E-Fernbusse auf der 130 Kilometer langen Strecke zwischen Amiens und Paris fahren lassen will. "Wir wollen damit ein klares Zeichen an die Politik setzen, dass der Wille zur Veränderung da ist", sagte die Sprecherin im Hinblick auf drohende Dieselfahrverbote, die auch den Anbieter Flixbus hart treffen würden.

Damit wagt das Unternehmen ein Experiment, bei dem guter Wille allein wenig ausrichten kann. Was derzeit vor allem fehlt, sind geeignete Fahrzeuge. Weil deutsche und andere europäische Hersteller noch nichts Passendes anbieten können, kommen E-Busse aus China zum Einsatz. Man hoffe, damit auch ein Signal an die deutschen Hersteller zu senden, "die hinter ihren chinesischen Konkurrenten herhinken", heißt es bei Flixbus.

Ein Problem können aber auch die chinesischen Busbauer bislang nicht lösen. Mit einer Batterie-Reichweite bis 200 Kilometer und Ladezeiten von drei bis vier Stunden sind E-Busse nur auf Mittelstrecken einsetzbar.

Berlin - Abgaswolke eines BVG Bus ohne Russpartikelfilter

Die Abgaswolke eines BVG Bus ohne Russpartikelfilter.

(Foto: Bodo Schulz)

Immerhin aber geht es langsam voran mit der Elektrifizierung der Busnetze hierzulande. Investiert wird bislang vor allem im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV). Laut einer Umfrage der Unternehmensberatung PWC wollen Städte und Kommunen in diesem Jahr 162 neue Busse mit Elektroantrieb anschaffen, ungefähr so viele wie bereits im Einsatz sind. Für das Jahr 2031 wird eine Gesamtzahl von mehr als 800 prognostiziert. Gemessen an der Gesamtflotte von 40 000 Bussen im ÖPNV bleibt aber auch das eine sehr überschaubare Zahl. Vorne mit dabei sind Städte wie Wiesbaden und Nürnberg, die in den nächsten Jahren jeweils um die 200 Strombusse anschaffen wollen.

Im Vergleich zu China ist Deutschland jedoch weit abgeschlagen. Dort hat das elektrische Zeitalter bereits begonnen. In der Millionenstadt Shenzhen fährt seit diesem Jahr fast die gesamte Busflotte elektrisch, und die umfasst mehr als 16 000 Fahrzeuge. In der smoggeplagten Region Peking sollen laut der Unternehmensberater von McKinsey bis 2020 mindestens 10 000 Elektrobusse unterwegs sein.

Mit der steigenden Zahl von Fahrzeugen sinken auch die Stückkosten. Sind Strombusse heute noch deutlich teurer als Verbrennermodelle, könnte sich das Blatt schon in den nächsten sechs Jahren wenden, bis 2030 soll dann die Hälfte aller Busse in China elektrisch fahren, rechnen die McKinsey-Experten vor.

Hersteller kommen nicht vom Fleck - und es fehlt an Infrastruktur

Europa ist von solchen Quoten weit entfernt. Auch weil große Hersteller die Entwicklung von E-Antrieben, sowohl bei Autos als auch bei Bussen, lange vernachlässigt haben. Daimler will seinen ersten serienreifen E-Bus Ende des Jahres vorstellen. Dieser ist jedoch vor allem auf den Nahverkehr ausgelegt. Als weiteres Hindernis für einen Ausbau der Elektromobilität im öffentlichen Nahverkehr gilt die fehlende Infrastruktur. Dabei wären die notwendigen Technologie vorhanden. Linienbusse können theoretisch im laufenden Betrieb entlang der Strecke und an Endhaltestellen aufgeladen werden. Die notwendigen Voraussetzungen dafür müssen die Städte und Kommunen schaffen. Doch die sind oft knapp bei Kasse, es fehlt schlicht das Geld für Investitionen in neue Busse und Ladestationen.

Chinese electric vehicles and charging infrastructure

Die Betreiber von Schiffs- und Busflotten haben ähnliche Probleme, sie müssen dem Klima zuliebe auf saubere Antriebstechnologien - wie Batterien oder Windsegel - umrüsten.

(Foto: Bloomberg/Getty Images)

Bei der Infrastruktur liegt Deutschland auch im europäischen Vergleich eher hinten. Länder wie etwa die Niederlande und Frankreich sind da schon weiter. Flixbus müsse sich um seine Infrastruktur an den Start- und Endpunkten der Mannheim-Frankfurt-Strecke selbst kümmern, heißt es dort, man sei aber in "sehr guten Gesprächen" mit der Stadt Mannheim.

Auch wenn das E-Bus-Experiment erst einmal auf ein, zwei Fahrzeuge in Deutschland beschränkt ist, bei den Flixbus-Kunden kommt es offenbar gut an: "Den Leuten ist es nicht mehr egal, mit welchen Verkehrsmitteln sie von A nach B fahren", so die Firmensprecherin. Sie verlangten nach klimafreundlichen Alternativen. Trotzdem bleiben viele Fragen, etwa nach der Reichweite des eingesetzten Elektrobusses. Der kommt von der chinesischen Firma BYD, hat 40 Sitzplätze und schafft gut 200 Kilometer mit einer Ladung. Für die Strecke Mannheim-Frankfurt mit knapp 100 Kilometern sollte das für den Anfang reichen. Und es gibt auch noch Luft nach oben - passend zum Kürzel BYD "Build your dreams" - was soviel bedeutet wie: Baue deine Träume.

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