Mitten in Karlsfeld:Nachruf auf eine Libelle

In Afrika ist das letzte männliche Exemplar des "nördlichen Nashorns" verendet. Wenn die ebenfalls streng geschützte Helmazurjungfer aus dem Dachauer Grünzug verschwunden ist, wird es nicht so viel Aufhebens geben

Von Walter Gierlich

Manche Tierarten haben sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich vermehrt: Kühe, Schweine oder Hühner, die weltweit zunehmend in gigantischen Stallgebäuden auf engstem Raum leben müssen. Bei den meisten wild lebenden Säugetieren, Vögeln und Insekten ist hingegen seit langem ein drastischer Schwund zu beobachten. Selbst Haussperlinge, vulgo Spatzen, sind hierzulande zu einer Rarität geworden, von Hummeln und Schmetterlingen ganz zu schweigen.

Doch selten wird einem das baldige Aussterben einer Tierart so plastisch vor Augen (besser gesagt Ohren) geführt wie am Dienstag in einer Meldung der Radionachrichten des Bayerischen Rundfunks: Das letzte männliche Exemplar des "nördlichen Breitmaulnashorns" sei in Kenia gestorben, hieß es. Lediglich zwei weibliche Geschöpfe dieser Spezies gebe es noch. Eine wirklich traurige Meldung, die es erstaunlicherweise Tausende Kilometer entfernt in die Nachrichten geschafft hat. Aber es war halt ein beeindruckendes Geschöpf mit mehreren Tonnen Gewicht und imposantem Horn auf dem Kopf.

Keiner Meldung wert - außer vielleicht in zoologischen Fachzeitschriften - ist wiederum das Dahinscheiden einzelner Insektenarten. Eine tagesaktuelle Nachricht darüber gibt es schon gar nicht. Und so wird man möglicherweise erst mit großer Verspätung erfahren, wenn dereinst nach dem Bau der Dachauer Ostumfahrung, der Ausweitung des Gewerbegebiets der Kreisstadt und der Errichtung eines neuen auf der Karlsfelder Seite der Ortsgrenze die letzte Helmazurjungfer am Schleißheimer Kanal und am Tiefen Graben verschwunden sein wird, weil der Lebensraum dieser unter strengem europäischem Schutz stehenden Libelle zerstört wurde. Übrigens: Auch das "nördliche Breitmaulnashorn" war streng geschützt - auf dem Papier.

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