Atomgespräche:Israel und Iran brechen Tabu

Die verfeindeten Staaten reden über Atomabrüstung im Nahen Osten - und haben erstmals seit 30 Jahren offiziell Kontakt.

Thorsten Schmitz und Stefan Kornelius

Erstmals seit 30 Jahren haben Israel und Iran an Gesprächen über eine atomwaffenfreie Zone in Nahost teilgenommen. Die Begegnung fand bereits am 29. und 30. September in Kairo statt. Veranstalter war die Internationale Kommission zur Nuklearen Nichtverbreitung und Abrüstung, ein von Australien und Japan ins Leben gerufenes Gremium, bei der international renommierte Fachleute konkrete Schritte zur nuklearen Abrüstung erarbeiten sollen.

Atomgespräche: Eine iranische Rakete vor einem Plakat des Ayatollahs.

Eine iranische Rakete vor einem Plakat des Ayatollahs.

(Foto: Foto: AP)

Die Namen der Teilnehmer waren bereits am 30. September in einer Pressemitteilung der Kommission genannt worden. Von israelischer Seite handelte es sich um Meirav Zafari-Odiz, zuständig für Rüstungskontrolle bei der Atombehörde. Iran hatte seinen Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Ali Ashgar Soltanieh, und einen Botschafter im Ruhestand entsandt. Zwei Nachrichtendienste berichteten Anfang Oktober über das Treffen, die Aufmerksamkeit der Welt wurde aber erst jetzt durch einen Bericht in der israelischen Zeitung Haaretz geweckt.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung nahmen beide Seiten an drei Gesprächsrunden zu Fragen der regionalen Nuklearpolitik teil. Über ein direktes Treffen und Gespräche zwischen der israelischen Vertreterin und dem iranischen Botschafter ist nichts bekannt. Iran dementierte, dass es zu einem Treffen gekommen sei. Nach den Gepflogenheiten der Kommission tragen die Teilnehmer in den vertraulichen Gesprächen nationale Standpunkte zur Nuklearrüstung und zu Abrüstungsoptionen vor. Es kommt auch zu Diskussionen.

Allerdings hätten es Zafari-Odiz und Soltanieh beim Austausch von Standpunkten belassen, auf Fragen anderer Teilnehmer geantwortet und nur einmal je eine Frage an die jeweils andere Seite gestellt, die unbeantwortet geblieben sein soll. So soll Soltanieh die israelische Vertreterin gefragt haben: "Haben Sie nun Atomwaffen oder nicht?"

In Übereinstimmung mit Jerusalems Politik der Zweideutigkeit habe die Israelin jedoch nicht geantwortet, sondern nur gelächelt. Anschließend habe Zafari-Odiz erklärt, dass Israel am Ende eines umfassenden regionalen Friedensschlusses grundsätzlich zu einem Dialog über eine nukleare Abrüstung im Nahen Ostens bereit wäre. Das israelische Nukleararsenal, von Jerusalem nie offen zugegeben, ist in der muslimischen Welt und besonders in Iran ein Grund für die eigenen Rüstungsbemühungen.

Die internationale Kommission für Nukleare Nichtverbreitung und Abrüstung soll auf Initiative der japanischen und der australischen Regierung konkrete Vorschläge erarbeiten, wie Atomwaffenarsenale abgerüstet und neue Verträge gegen die Weiterverbreitung von Nuklearwaffen ausgehandelt werden können. Dazu hat ein hochrangiges internationales Gremium weltweit mehrere Konferenzen abgehalten.

Der Abschlussbericht wurde jüngst in Hiroshima entworfen, das umfangreiche Papier könnte bereits Mitte November am Rande des Apec-Gipfels in Singapur überreicht werden, weil dort auch US-Präsident Barack Obama und der russische Präsident Dmitrij Medwedjew erwartet werden. Die Kommission bereitet den ersten, mit Regierungen weltweit abgestimmten Plan für eine funktionierende Regelung zur Abrüstung vor.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: