Asyl:Das Amt spielt Schicksal

Eine erstaunliche Zahl beweist: Das Asyl-Bundesamt muss noch viel lernen.

Von Bernd Kastner

Dem engagierten Nachfragen der Linksfraktion ist es zu verdanken, dass das Bundesinnenministerium regelmäßig detaillierteste Zahlen zum Thema Flucht veröffentlicht. Zahlen, die weit mehr aussagen als das, was Ministerium und Asyl-Bundesamt als Erfolg verkaufen. Eine der wichtigsten Erkenntnisse für das vergangene Jahr macht im Gegenteil ein großes Problem für das Amt sichtbar: Entscheiden Gerichte in der Sache über Klagen von Flüchtlingen gegen ihre Ablehnung, bekommen vier von zehn Schutzsuchenden recht. Die Richter haben also 40 Prozent der Asyl-Ablehnungen korrigiert; das sind mehr als 32 000.

Die Qualität der Arbeit im Bundesamt ist längst nicht so, wie sie sein müsste. Es geht schließlich um das Schicksal von Menschen, oft um die Frage, ob Eltern zu ihren Kindern nachziehen dürfen oder umgekehrt. Man stelle sich vor, ein Rathaus zum Beispiel würde zu 40 Prozent fehlerhafte Baugenehmigungen erstellen - der Zorn der Bürger wäre völlig zu Recht gewaltig.

Im Asylbereich braucht es keinen Zorn, sondern eine bessere Schulung für die vielen Entscheider, die das Bundesamt engagiert hat, obwohl sie sich oft nicht mit der komplizierten Materie auskannten. Jutta Cordt, die Chefin der Behörde, darf nicht nur von einer Qualitätsoffensive reden, sie muss sie auch umsetzen. Dazu gehört, dass ihr Amt von sich aus nicht nur positive Bescheide überprüft, sondern auch negative, ehe sich Richter damit befassen müssen.

© SZ vom 23.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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