Lebenslänglich für Hussein K.:Ein Urteil, das die Gesellschaft stabilisiert

Das Verbrechen des Hussein K. ist ein furchtbarer Schicksalsschlag für die Familie des Opfers. Es ist auch Prüfung für die Gesellschaft und ihre Humanität. Das Gericht in Freiburg hat getan, was es tun konnte.

Kommentar von Heribert Prantl

Man wünscht sich von dem Urteil, dass es sich auf die Verzweiflung legt, die einem nach dieser Tat gepackt hat. Man wünscht sich von diesem Urteil, dass es der Verunsicherung Herr wird, die nach diesem Verbrechen auch die Gutwilligsten der Gutwilligen erfasste. Man wünscht sich von diesem Urteil, dass es die richtige Antwort auf das Entsetzliche ist - und auf das Entsetzen, das dieses Entsetzliche ausgelöst hat.

Das Gericht hat getan, was es tun konnte. Es hat das Verbrechen aufgeklärt und den Verbrecher abgeurteilt. Es hat sich nicht treiben lassen von einer öffentlichen Stimmung, die so getan hat, als müsse nicht nur der Angeklagte, sondern die Flüchtlingspolitik vor Gericht stehen. Das Gericht hat den Täter verurteilt. Es hat die höchste Sanktion ausgesprochen, die das deutsche Recht kennt: lebenslange Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung. Eine andere Strafe konnte es nicht geben. Diese Strafe ist kein Trost. Aber es ist tröstlich, dass ein Gericht richtet und nicht agitiert.

Eine Prüfung für die Gesellschaft, ein furchtbares Schicksal für die Familie

Der Mörder, ein Füchtling aus Afghanistan, hat eine junge Frau bestialisch ermordet. Es war eine Frau, die sich für Geflüchtete eingesetzt hat. Der Täter hat unendliches Leid über eine Familie gebracht, die ihre Tochter in christlich-humanitärem Geist erzogen hat. Der Vater ist in der katholischen Kirche aktiv, er tritt für die Menschenrechte ein und stellt sich dem Rechtspopulismus entgegen.

Das Verbrechen an seiner Tochter ist von erschütternder Tragik; manche verwenden das Wort "Prüfung" für die Familie. Es ist aber eine Prüfung für die Gesellschaft und ihre Humanität, eine Prüfung nämlich, ob sie der Familie weiterhin die Freiheit lässt bei ihrem Glauben und ihren Überzeugungen zu bleiben. Für die Eltern ist die Ermordung ihrer Tochter keine Prüfung, sie ist ein furchtbares Schicksal, das kein Gott verfügt hat.

Das Leid der Familie ist durch öffentlichen Hohn vergrößert worden: Da seht ihr, was ihr von eurer Humanität habt - das ist den Angehörigen des Opfers entgegengehalten worden; es wurde bisweilen so getan, als seien sie und ihre angeblich falsche Humanität irgendwie mit schuld am Verbrechen. Auch die Pflegemutter des Flüchtlings wurde mit solchen Vorwürfen traktiert. Die Eltern des Opfers haben gleichwohl in ihrer Todesanzeige um Spenden für eine Studenteninitiative gebeten, die sich für einen gerechteren Zugang zur Bildung einsetzt, auch für Flüchtlinge. Man wird stumm im Respekt vor dieser Haltung und dieser Größe von so leidgeprüften Menschen guten Willens.

Die Antwort des Rechtsstaats auf ein abscheuliches Verbrechen

Die öffentliche Debatte hatte diese Größe nicht. Der Mord in Freiburg wurde ungerührt hineingerührt in die Debatten über die Integrations- und Flüchtlingspolitik. Über den Freiburger Täter wurde geredet als sei er der Prototyp des Flüchtlings, als könne dieser Verbrecher ein Vorwand dafür sein, sich mit Einzelschicksalen nicht mehr befassen zu müssen, um sie dann pauschal abzuschieben.

Das Urteil aus Freiburg und die Penibilität, mit der es zustande kam, ist ein Dokument des Rechtsstaats. Es urteilt nicht pauschal. Es urteilt akkurat über einen Menschen und sein abscheuliches Verbrechen. Es ist die Antwort, die das Strafgericht auf das Entsetzliche geben konnte. Dieses Urteil gehört zu den Fundamenten, die dieser Gesellschaft Stabilität geben.

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