Kommentar:Wer anschafft, zahlt

Die Gemeinden müssen bei Aufgaben, die Bund und Land ihnen vorschreiben, finanziell unterstützt werden. Etwa beim Kita-Ausbau. So steht es schließlich im Gesetz

Von Walter Gierlich

Vermutlich wissen ältere CSU-Mitglieder noch, was am 21. September 2003 geschah, war es doch für ihre Partei ein echter Jubeltag. An diesem Datum holten die Christsozialen das erste und einzige Mal eine Zweidrittelmehrheit bei einer bayerischen Landtagswahl. Weit weniger im Gedächtnis geblieben ist offenbar, worüber damals auch noch abgestimmt wurde: In einem Volksentscheid sprachen sich Bayerns Bürger für die Einführung des Konnexitätsprinzips aus. Wer anschafft, zahlt! So lässt sich in Kurzform dieses Prinzip definieren, das zum 1. Januar 2004 in Bayern nicht nur Gesetzeskraft, sondern sogar Verfassungsrang erlangte. In Artikel 83 Absatz 3 der Verfassung des Freistaats Bayern heißt es: "Überträgt der Staat den Gemeinden Aufgaben, verpflichtet er sie zur Erfüllung von Aufgaben im eigenen Wirkungskreis oder stellt er besondere Anforderungen an die Erfüllung bestehender oder neuer Aufgaben, hat er gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu stellen. Führt die Wahrnehmung dieser Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden, ist ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen."

Also kurz gesagt: Wird der absolut sinnvolle und notwendige Rechtsanspruch auf Kindergarten- und Kinderkrippenplätze eingeführt, müssen Bund und Land auch dafür sorgen, dass die Kommunen in der Lage sind, ihn umzusetzen. Da reichen Investitionszuschüsse für den Bau neuer Tagesstätten nicht aus, wenn die Gemeinden auf den stetig wachsenden Folgekosten sitzen bleiben. Auf 6,3 Millionen Euro ist das jährliche Defizit für die Kinderbetreuung in Karlsfeld 2018 angestiegen, nur eine Million weniger, als die Gewerbesteuer einbringt. Auf lange Sicht und angesichts der enormen Ausgaben für einen Schulhausneubau ist das nicht zu stemmen.

Da hilft es wenig, wenn Gemeindekämmerer Alfred Giesinger optimistisch damit rechnet, dass er in den Jahren von 2019 bis 2021 aus dem laufenden Betrieb insgesamt einen Überschuss von 6,3 Millionen Euro erwirtschaften kann. Und es droht für die Gemeindefinanzen bereits weiteres Ungemach. Denn im Koalitionsvertrag der Berliner Regierung ist die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen festgeschrieben. Wieder eine äußerst wichtige und zukunftsweisende Maßnahme, deren Finanzierung aber nicht an den Kommunen hängen bleiben darf. Schließlich sollte Artikel 83 der Bayerischen Verfassung gelten: Wer anschafft, zahlt!

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