Pop:Von Nerds für Nerds

Émilie Gendron
Fromm Wild

Lässt es etwas lockerer angehen: Die kanadische Bloggerin Émilie Gendron ist mit ihrer Musikreihe aus der Roten Sonne ins Import Export umgezogen.

(Foto: Fromm Wild)

Émilie Gendrons Musikreihe "Munich Again" hat sich neu erfunden

Von Jürgen Moises

Sie selbst ist inzwischen gelassener geworden. Und auch sonst läuft laut Émilie Gendron alles ein bisschen "ruhiger" ab, seit sie ihre Konzertreihe "Munich Again" nicht mehr wöchentlich in der Roten Sonne, sondern monatlich im Import Export im Kreativquartier veranstaltet. Das erste Konzert dort war im Februar: ein experimenteller "Drones"-Abend mit Musikern aus Wien und München. An diesem Mittwoch geht es nun mit zwei Münchner Noise-Projekten weiter. Das eine ist das Antifun Arkestra, das aus Anton Kaun alias Rumpeln, Colin Djukic alias TV Shit, Markus Christ von der Augsburger Band Kitty Empire und Martin Krejci vom Münchner Institut für Leistungsabfall und Kontemplation besteht. Das andere sind Daniel Greenwald alias Heroic Leisure und Veronica Katta von Friends Of Gas, die bei ihrer Performance unter anderem auf Posaune, Bass und Elektronik zurückgreifen.

Das klingt, könnte man nun sagen, nach Musik von Musik-Nerds für Musik-Nerds. Genauso wird "Munich Again" von Émilie Gendron auch offiziell beschrieben, und sie nimmt sich da selbst als "Fan-Girl" und "Music-Nerd" nicht aus. Und wieso auch? Schließlich war es genau diese Musikbegeisterung, welche die junge Kanadierin vor drei Jahren aus Montreal nach München geführt hat. Damals war sie zunächst nur zwei Wochen lang hier, als Bloggerin, die sich für Münchner Indie-Bands und Musiker wie die Damenkapelle oder Tom Wu begeisterte. Weil die Musiker selbst das nicht recht glauben konnten, wurde für sie extra ein spontanes Émilie-Mini-Festival organisiert. Und weil das auch noch für andere unglaublich klang, haben die Süddeutsche Zeitung und der BR-Zündfunk darüber berichtet.

Dass ein deutscher Musik-Blogger in Montreal umgekehrt eine ähnliche Aufmerksamkeit erfährt, das kann sich Émilie Gendron nicht vorstellen und meint, dass das vielleicht tatsächlich etwas Münchnerisches ist. Gleichzeitig führte das aber bei ihr zu dem schönen Gefühl, dass sie als Bloggerin gebraucht wird. Und zu dem Wunsch, das, was sie an Achtung und Anerkennung in München erfahren hat, an die Menschen hier zurückzugeben. Deswegen war sie in den Sommern 2015 und 2016 noch einmal hier und hat die Benefiz-Festivals "Peace & Noise 1 und 2" mitorganisiert. Und deshalb ist sie seit 15 Monaten per Sprachvisum nun durchgehend in München und hat die nach ihrem Blog benannte Reihe "Munich Again" initiiert. Alles mit dem Ziel, der hiesigen Subkultur zu mehr Anerkennung zu verhelfen.

Warum das in der Roten Sonne nicht so richtig zog, hatte laut Gendron zum Teil mit deren Image als Techno- und Elektro-Club zu tun. Aber auch damit, dass sie für die Reihe zu wenig Mitarbeiter und PR hatte - oder ihr einfach die deutschen Wörter fehlten, um sie besser zu bewerben. Das mit der deutschen Bürokratie und Buchhaltung, das musste die Kanadierin, die in Montreal als Theaterproduktionsleiterin gearbeitet hat, ebenfalls noch lernen. Und auch, dass eine Veranstaltung pro Woche zu viel ist. Denn da kommen schnell mal ein anderes Konzert, ein Geburtstag oder schlechtes Wetter dazwischen, die Leute sind zu müde oder sie fühlen sich, hat Gendron den Eindruck, als Besucher oft für nichts wirklich verantwortlich. "Wenn etwas vorbei ist, sagen sie zwar ,schade', aber gehen das nächste Mal eben woanders hin." Was sie ebenfalls etwas vermisst, das ist die "Liebe für Fehler", dass man sich sagt: Ok, es ist nicht perfekt, aber so ist das eben mit der Live-Kunst. Die Alternative? "Geh ins Kino, oder hör Radio!"

Im Import Export lässt sie es deswegen, wie gesagt, nun lockerer angehen. Sie hat gelernt: Man muss nicht alles selber machen. Sie setzt nun verstärkt auf Vernetzung und Kollaborationen. Einige Münchner Bands und Labels, sagt sie, machen das schon vor, und sie meint, dass hier vielleicht tatsächlich auch ein "neuer Weg" liegt. Wie dieser aussehen kann, zeigt "Knobs and Wires": ein Synthesizer-Festival, das am 2. Juni im Kreativquartier stattfindet. Es wird dort Konzerte, Workshops, eine Ausstellung und eine Messe geben, die Gendron zusammen mit einem Netzwerk aus Musikern, Veranstaltern und Nerds organisiert. "Ich habe ein sehr positives Gefühl", sagt sie in Hinblick auf das Festival, und sie ist optimistisch, dass sie an dem Tag auch noch in München ist. Eigentlich ist sie mit ihrem Deutschkurs demnächst fertig, damit läuft auch ihr Sprachvisum offiziell aus.

Munich Again mit Antifun Arkestra, Heroic Leisure und Veronica Katta, Mittwoch, 28. März, 20.30 Uhr, Import Export, Dachauer Straße 114.

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