Weitere Briefe:Armseliger Sozialstaat und halbherzige "Earth Hour"

Armseliger Sozialstaat

Wo ist unser Sozialstaat hingekommen, dass wir schwerkranke Kinder in Krankenhäusern auf Flure stellen, und wenn sie Angst haben, traurig sind oder Schmerzen haben, kaum jemand Zeit hat, sich um sie zu kümmern ("Das ist eines reichen Landes unwürdig" vom 23. März)? Man lässt sie mit ihrem Seelenschmerz allein. Ob sich das von Schreibtischen aus erfühlen lässt? Oder muss man Prioritäten setzen, die am Kindeswohl halt vorbeigehen? "Es muss sich etwas ändern", das heißt es gebetsmühlenartig immer wieder. Der Pflegenotstand, die Unterversorgung der Krankenhäuser und der Umstand, dass Notaufnahmen schließen müssen, bleiben trotzdem Realität. Frau Merkel hört sich brav und geduldig an, was ein junger hoch motivierter Pfleger massiv einfordert. In Talkshows wird darüber diskutiert. Und was passiert? Wenig bis nichts! Im Interview muss Tobias Feuchtinger vom Haunerschen Kinderspital in München beschämt feststellen, dass es nur mit privaten Spenden geht, Kinder einigermaßen menschenwürdig zu versorgen. Eine Studie hat ergeben, dass Menschen schneller gesunden, wenn sie ein schönes Umfeld haben, zum Beispiel einen Blick ins Grüne, nicht auf eine Betonmauer. Was macht das erst mit den schwerkranken Kindern auf den Krankenhaus-Fluren?

Früher gab es preiswerte Wohnungen fürs Pflegepersonal, damit die großartigen Helferinnen nicht die teuren Mieten zahlen mussten und keine langen Anfahrtswege hatten. Das hat sich auf die Dauer wohl nicht gerechnet. Jetzt fehlen diese Wohnungen bitter in dieser so teuren Stadt. Kann man da nicht einfach umdenken und das, was mal gut war, wieder für das Pflegepersonal bereitstellen? Und das schnell! Oder muss man erst eine Studie durchführen, um den Bedarf genau festzustellen für heute, für später, und so weiter? Oder plant man schon die Zukunft mit kleinen Robotern, die einen Teil der Arbeit des Pflegepersonals ersetzen können? Diese sparen Personal, müssen dann nicht wohnen, sondern nur gelagert werden. Monika Ried, Germering

Licht aus - aber richtig

Einmal mehr gab es am Samstag die "Earth Hour", bei der ein Zeichen gesetzt werden soll ("Licht aus, Bewusstsein an" vom 26. März). Warum aber nur für eine Stunde und warum nur symbolisch? Ein viel stärkeres Zeichen wäre es doch, auf die Beleuchtung von öffentlichen Gebäuden et cetera grundsätzlich zu verzichten. Selbst wenn dies nur eingeschränkt zum Beispiel zwischen 22 Uhr und 6 Uhr gemacht würde, wäre der Effekt messbar, und auch die meist finanzknappen Kommunen könnten nebenbei noch Kosten sparen. Peter Kazmaier, Ismaning

Falsche Weichenstellungen

Die Stadtregierungen werden nun beim Dieselfahrverbot aktiv und streben den Ausschluss der dieselgetriebenen Fahrzeuge an ("Raus mit den Stinkern" vom 17./18. März).

Eine wichtige Frage in dieser Diskussion bleibt dabei unberührt: Warum sind in den Städten so viele Fahrzeuge unterwegs? Liegt dies etwa an einer verfehlten Verkehrs- und Siedlungspolitik? Ein funktionstüchtiger ÖPNV (öffentlicher Personennahverkehr) trüge zur Minderung des Individualverkehrs bei. Stimmen jedoch Preis und Leistung nicht (vor allem in den Außenbereichen), muss man sich nicht wundern, wenn der Pkw vorgezogen wird. Da der Diesel im Verbrauch günstiger liegt als ein Benziner gleicher Leistung und zudem steuerlich gefördert wird, fiel die Entscheidung für den Diesel, bislang jedenfalls, nicht schwer.

Werden die Weichen wirtschaftspolitisch richtig gestellt, Arbeitsplätze geschaffen und Wachstum bewirkt, bleibt Zuzug in die Region nicht aus. Nun wäre es wichtig, auch Wohnraum zu schaffen, möglichst nah am Arbeitsplatz und in allen Preisklassen.

Bleibt dies aus, ist der Drang auch in die fernere Umgebung groß und der Verkehrskollaps letztlich programmiert. "Bestraft" wird nun der Dieselfahrer, hart getroffen unter dieser Klientel vor allem jene, die sich kurzfristig kein neues Fahrzeug mit entsprechenden Abgaswerten leisten können.

Und was machen wir jetzt mit den abgehalfterten Euro-4-Dieseln? Ins Ausland verkaufen wäre wohl moralisch nicht vertretbar, also ab in die Schrottpresse. Die Automobilindustrie wird es freuen - prima Konjunkturprogramm. Womit ein weiterer Beteiligter als Verursacher der schlechten Luft benannt wäre, denn hätte man die Ad-Blue-Technologie richtig betrieben, wären die Abgaswerte der Fahrzeuge erheblich niedriger. Petra Brückner, Aying

Zirkus als Nebenschauplatz

Martin Lacey lädt 2000 Kinder zu seiner Raubtierdressur ein, die SZ berichtet darüber und der Aufschrei ist groß ("Die Schule der Löwen" vom 16. März und Leserbriefe "Löwen gehören in die Wildnis" vom 23. März)! In der gleichen Ausgabe schreiben Sie, dass 13 Millionen Ferkel jedes Jahr bei der Massentierhaltung sterben und im Müll landen. Wo ist hier der Aufschrei?

Warum hängt man sich an den vergleichsweise wenigen, offensichtlich gepflegten Tieren beim Circus Krone so auf, wenn das wahre Elend von Millionen von Tieren doch direkt vor unserer Nase in Form von Massentierhaltung, teils katastrophalen Zuständen beim Transport und in Schlachthöfen stattfindet? Anja Böcker, München

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