SZ-Serie: Frühlingsboten, letzte Folge:"Es dauert immer ein bisschen, bis die Leute merken, dass Frühling ist"

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Nina Schleich kontrolliert die Kleidung: 1,5 Tonnen Schmutz holen die Maschinen für chemische Reinigung jedes Jahr aus den Kleidungsstücken der Kunden. (Foto: Catherina Hess)

In der Reinigung Stark herrscht im Frühling Hochbetrieb. Derzeit motten die Kunden den Winter ein und bringen vor allem edle Daunenjacken.

Von Anna Hoben

Nach Ostern ist es losgegangen, am Donnerstag haben sie gleich am Morgen 50 Winterjacken reinbekommen. Und von nächster Woche an werde es richtig rund gehen, prophezeit Michael Schleich. Der 43-Jährige ist Inhaber der Reinigung Stark in Schwabing. "Es dauert immer ein bisschen, bis die Leute merken, dass Frühling ist", sagt er. Aber wenn sie es merken, dann misten sie aus und motten ein. In der Reinigung ist dann Hochsaison. 30 Prozent mehr Arbeit als sonst falle im Frühjahr an, schätzt Schleich. Das wird nur noch getoppt von der Nach-Oktoberfest-Zeit (Dirndl über Dirndl).

Der Laden der Reinigung Stark in der Hohenzollernstraße wirkt unscheinbar. Hinter der Theke sitzt Jela Pavlovic, seit fast 30 Jahren arbeitet sie hier, Stammkunden kennt sie mit Namen. Geht man in den Hinterhofhof, vorbei an einem Zahnmedizinlabor und einem Fitnessstudio für Damen, eröffnet sich ein Universum aus XXL-Waschmaschinen, chemischer Reinigung und Bügeleisen. Die Gründung geht zurück aufs Jahr 1823; Schleich, Textilreinigermeister, hat den Betrieb von seinem Vater übernommen.

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20 Mitarbeiter gibt es und neuerdings eine Auszubildende; im Waschhaus packt der Chef mit an. Vor der Tür stehen große blaue Plastiksäcke mit Bettdecken, drinnen eröffnet sich ein Labyrinth, in dem man immer nur bis zur nächsten Kleiderstange sieht: Skihosen, Daunenjacken, Vorhänge. Eine Mitarbeiterin bügelt eine Cordhose, ein Stück weiter bläst eine Maschine ein Hemd glatt, das auf einer Kleiderpuppe steckt. "Ein Formfinisher", erklärt Schleich, "die Hemden werden in Form gebracht und danach mit der Hand endgefinisht". Reinigungsfachsprache, auf Deutsch bedeutet das: wenn nötig, wird von Hand nachgeglättet. Oberster Leitsatz: Kein Teil verlässt den Laden ungebügelt. "Die Leute kaufen bei uns Freizeit", sagt Michael Schleich außerdem. Die Freizeit, die man bekommt, indem man sich das Waschen und Bügeln eines Hemdes zu Hause spart, kostet 1,99 Euro. Gerade mal eine knappe Minute braucht die Maschine in der Reinigung, bis das Hemd gebügelt ist. Hemden sind der Alltagspfeiler in der Reinigung, das Hemdengeschäft läuft immer so mit, "es muss flutschen", sagt Schleich.

"Es dauert immer ein bisschen, bis die Leute merken, dass Frühling ist", sagt Michael Schleich. Jela Pavlovic ist seit 1989 die Mitarbeiterin, die Aufträge entgegennimmt. (Foto: Catherina Hess)

Bei der Frühjahrsreinigung ist es schon kostspieliger, sich Freizeit zu erkaufen. Dafür bekommt man die Sicherheit, dass die Profis wissen, was sie zu tun haben. Mantel 17,90 Euro, Skihose 18,90 Euro, Daunenjacken ab 30,50 Euro, Daunenbettdecke 39,50 Euro. Und wenn man die Sachen nach dem Winter ungewaschen im Schrank hängen lässt? Dann biete man den Motten "ein Sieben-Gänge-Menü". Um zu wissen, was gerade Mode ist, muss der Waschfachmann nicht in Zeitschriften blättern; früher oder später landen die Sachen bei ihm. Die Entwicklung der vergangenen Jahre, verkürzt dargestellt: Früher gab es mehr Mäntel, heute tragen die Leute im Winter edle Daunenjacken.

Schleich geht nun ins Waschhaus, wo alles ein bisschen größer ist als zu Hause: die Waschmaschinen, die Behälter mit Fettlöser, Sensitive-Waschmittel, Imprägniermittel, Buntwaschmittel, Alleinwaschmittel, Bleichmittel, speziellem Lederöl. Die richtige Mischung wird vor jedem Waschgang eigens zusammengemixt. Schleich nimmt einen Arm voll Jacken aus der Maschine und dreht sie auf links, damit die restliche Feuchtigkeit sich verziehen kann. Dann hängt er die Jacken auf, neben die anderen, die auf der Stange versammelt und bereits imprägniert sind, teure Markenteile, die bis zu 1000 Euro gekostet haben. Dass viele Münchner markenorientiert sind, "davon leben wir", sagt Michael Schleich. Wer ein teures, pflegeintensives Kleidungsstück kauft, will meist auch, dass es richtig gepflegt wird.

Nach dem Waschen und Trocknen hängen Jacken eine Nacht, am nächsten Tag kommen sie nochmals in den Trockner, "dann gehen die Daunen richtig auf". Drei bis vier Tage müssen Kunden im Frühjahr einplanen, bevor sie ihre Sachen wieder abholen können. Gut möglich, dass so eine Winterjacke sich beim Nach-Hause-Tragen dann um einiges leichter anfühlt, 300 bis 400 Gramm Schmutz kämen da schon mal runter, sagt Michael Schleich. Die Maschinen für chemische Reinigung holen übers Jahr verteilt anderthalb Tonnen Dreck aus Kleidungsstücken.

Eine Mitarbeiterin reinigt mit einem Staubsauger ein gigantisches Flusensieb, nebenan ist Schleichs Frau Nina ist mit der Qualitätskontrolle beschäftigt. Versicherungskauffrau hat sie einst gelernt, heute prüft sie, ob alle Falten aus der Bluse raus sind, und macht auch mal einen Geruchstest. Zu Hause hat sie seit 15 Jahren keine Waschmaschine mehr bedient. "Ich kann das gar nicht mehr." Michael Schleich findet schon die Frage komisch, jedenfalls guckt er so. Natürlich ist er für die Wäsche zuständig. "Wenn meine Frau das macht, das funktioniert nicht."

© SZ vom 07.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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