Außenhandel:Deutsche Exporte schwächeln

JadeWeserPort in Wilhelmshaven

Blick auf den JadeWeserPort in Wilhelmshaven

(Foto: dpa)
  • Die deutsche Wirtschaft hat im Februar 3,2 Prozent weniger Waren exportiert als im Januar. Das geht aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervor. Es ist der stärkste Export-Rückgang seit August 2015.
  • Fachleute machen neben dem starken Euro den zunehmenden Protektionismus und den von US-Präsident angezettelten Handelskrieg für den Export-Rückgang verantwortlich.
  • Werden all die angekündigten Strafzölle umgesetzt, hat niemand etwas zu gewinnen, zeigen Berechnungen des Münchner Ifo-Instituts.

Von Alexander Hagelüken

Ökonomen hatten mit einem Plus gerechnet. Nachdem im Januar etwas weniger Waren ins Ausland verkauft wurden als im Dezember, sollten die Zahlen danach wieder steigen. Doch es kam ganz anders: Im Februar schrumpften die Exporte nochmals, und gleich um 3,2 Prozent. So einen Dämpfer gab es zuletzt vor drei Jahren. Neben dem starken Euro machen Beobachter dafür vor allem den zunehmenden Protektionismus verantwortlich: "Die Anzeichen für schlechtere Geschäfte mehren sich", sagt Volker Treier vom Wirtschaftsverband DIHK.

Nun weisen Experten darauf hin, dass eine Monatszahl noch kein Trend ist. Und im Jahresvergleich sind die Daten in Ordnung: Im Februar wurde immer noch mehr exportiert als zwölf Monate zuvor. Doch im Jahresvergleich zeigt sich auch, dass vor allem das Geschäft mit EU-Staaten brummt, nicht das mit China oder den USA. Zusammen mit schwachen Aufträgen und weniger Produktion summiert der Exportrückgang sich zu einem schlechten Konjunkturstart ins Jahr. So schlecht wie seit Anfang 2009 nicht mehr, als Deutschland im Horror der Finanzkrise steckte.

Wie es weitergeht, hängt jetzt wesentlich vom Fortgang des Handelskriegs ab, den US-Präsident Donald Trump gestartet hat. Die weltweiten Exporte waren davon im Februar allenfalls stimmungsmäßig beeinflusst. Von konkreten Strafzöllen gegen China und zahlreiche andere Länder auf Stahl und Aluminium war erstmals Mitte Februar die Rede. In Kraft gesetzt wurden sie erst Ende März.

Schotten sich die USA und China weiter ab, droht eine "Protektionsmusspirale"

Die Europäer sind vorerst ausgenommen, wofür die USA Zugeständnisse erwarten. Derzeit beschießen sich nach Trumps erstem Aufschlag vor allem Amerika und China mit immer neuen Ankündigungen für Strafzölle. "Schotten die USA und China sich weiter gegeneinander ab, droht eine weltweite Protektionsmusspirale", warnt Joachim Lang vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). "Diese würde die Weltkonjunktur als Ganzes empfindlich abschwächen."

Werden alle diese Strafzölle umgesetzt, hat niemand etwas zu gewinnen, zeigen Berechnungen von Gabriel Felbermayr vom Münchner Ifo-Institut. So werde das Bruttoinlandsprodukt der USA und China allein 2018 um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte schrumpfen. Europäische Firmen sind zwar so etwas wie die lachenden Dritten: Sie erhalten gegenüber chinesischen Firmen auf dem US-Markt und US-Firmen auf dem chinesischen Markt einen Vorteil, solange sie von den Strafzöllen ausgenommen sind.

Aber: Die USA und China kaufen insgesamt weniger Waren, wenn ihre Volkswirtschaften schrumpfen, also auch weniger in Europa. "Für Europa heben sich die Effekte weitgehend auf", urteilt Felbermayr. Nur der Exportnation Deutschland bleibt bis zu einer halben Milliarde Euro mehr Wirtschaftsleistung im Jahr.

Und das ist bei weitem das optimistischste Szenario. Denn falls die USA ab 1. Mai auch bisher ausgenommene Länder in Europa und Südamerika mit Strafzöllen belegen und alle Betroffenen entsprechend Vergeltung üben, leidet die Konjunktur in Europa stärker. Umso stärker, falls Trump Autos ins Visier nimmt und Europäer und andere Staaten entsprechend mit Strafzöllen antworten. In diesem Fall erwartet der Münchner Forscher für Deutschland vier Milliarden Euro und für die Welt fast 70 Milliarden Euro weniger Wirtschaftsleistung. Wobei die Ankündigungen für zusätzliche US-chinesische Strafzölle von vergangener Woche noch gar nicht eingerechnet sind.

Und alle diese Effekte sind noch nicht einmal das, was Gabriel Felbermayr am stärksten besorgt. "Wenn der Handelskrieg von Zöllen ausgeweitet wird auf Diskriminierung durch bürokratische Schikanen für Exporte, ist der Schaden schnell weit größer." Solche Diskriminierung kann zum Beispiel darin bestehen, Lebensmittel aus vorgetäuschten hygienischen Gründen oder andere Produkte wegen angeblicher Qualitätsmängel oder Umweltgefahren an der Grenze zu stoppen. Oder ausländische Waren generell durch Regeln auszubremsen, die heimische Produkte bevorzugen (wie "Buy American" nach der Finanzkrise).

"Ich halte für sehr wahrscheinlich, dass es zu solchen Diskriminierungen kommt", sagt Felbermayr. "Das Bruttoinlandsprodukt kann dann sofort in den USA und in China um einen halben Prozentpunkt schrumpfen." Das würde die Welt beben lassen.

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