Leutershausen:Eine Bürgermeisterin spaltet ihr Städtchen

Leutershausen: Sandra Bonnemeier, die Bürgermeisterin von Leutershausen.

Sandra Bonnemeier, die Bürgermeisterin von Leutershausen.

(Foto: Privat)

Unter den Komödien und Dramen, die sich in bayerischen Rathäusern bisweilen abspielen, ragt das Schauspiel im fränkischen Leutershausen heraus: Es geht um eigenmächtige Entscheidungen - und um viel Geld.

Von Uwe Ritzer, Leutershausen

Kaum hatte die Bürgermeisterin ihren Urlaub angetreten, war auch schon die Stele vor dem Rathaus weg. In Windeseile abgebaut, auf Geheiß des Ansbacher Landratsamtes. Weil die Infosäule mit dem Bildschirm sich nicht mit dem Denkmalschutz verträgt. Leutershausen ist ein historisches, fränkisches Städtchen; der Motorflug-Pionier Gustav Weißkopf wurde hier 1874 geboren und bald wollen sie ihm ein Museum widmen. Vorausgesetzt, das Projekt geht nicht unter in dem Strudel, der den Ort mit 5600 Einwohnern seit Monaten mitreißt und spaltet.

Unter den unfreiwilligen Komödien und grotesken Dramen, die sich in bayerischen Rathäusern bisweilen abspielen, ragt das Schauspiel in Leutershausen heraus. Aus der Sicht von Bürgermeisterin Sandra Bonnemeier ist es wohl ein Rührstück mit ihr als tapferer Kämpferin in der Opferrolle. Für weite Teile des Stadtrates aber entwickelt sich aus einer Posse ein Kleinstadt-Krimi. Titel, so in etwa: Die Bürgermeisterin und das verschwundene Geld.

Die Kritiker argwöhnen, es gehe im Rathaus nicht mehr mit rechten Dingen zu seit die Frau aus Nordrhein-Westfalen dort regiert. Bonnemeier hatte sich auf eine Zeitungsannonce hin beworben (am Ort fand sich zunächst kein Kandidat) und wurde im November 2016 fast mit Dreiviertelmehrheit gewählt. Viele ihrer damaligen Unterstützer, wie der zweite Bürgermeister Manfred Schaus, gehören heute zu ihren schärfsten Kritikern. Die finden sich fast überall: Bei CSU, Freien Wählern, der grün-alternativen ALL, beim örtlichen Gewerbeverein. Nur die SPD hält noch zu ihr.

Das sind die Fronten in dem bizarren Kleinkrieg, bei dem es beispielsweise um Anträge und Anfragen im Stadtrat geht, die Bonnemeier ignoriert oder monatelang nicht behandelt. Hauptsächlich aber geht es um Geld. Vor allem jenen sechsstelligen Betrag, der bereits aus dem Stadtsäckel an einen IT-Unternehmer aus Baden-Württemberg floss, den Bonnemeier noch aus Zeiten als Mitarbeiterin der Wirtschaftsförderung in Oer-Erkenschwick kennt.

Dort soll sie bereits ihre Kompetenzen überschritten haben; Ähnliches fürchten viele nun auch in Leutershausen. Fortwährende Honorare an den IT-Berater, die Stele, neue Computer für die Schule - all das habe Bonnemeier eigenmächtig gemacht ohne vorher den Stadtrat zu fragen, beklagen neun von 20 Stadträten in einem Brief an das Ansbacher Landratsamt und fordern rechtsaufsichtliche Schritte.

"Es handelt sich hier nicht um persönlich motivierte Vorwürfe einzelner Stadträte oder gar Ränkespiele", schrieb dazu die Fränkische Landeszeitung. Vielmehr treibe die Politiker "die wachsende Sorge um, dass hier etwas gründlich aus dem Ruder zu laufen droht". Sie dürfte berechtigt sein, denn die Bürgermeisterin verweigert Auskünfte über ihre Ausgaben oder Belege für korrekte Auftragsvergaben. Ihre Stellvertreter, die Rechnungsprüfer oder die Fraktionsvorsitzenden - alle holen sich bei Bonnemeier Abfuhren. Und zwar deftige.

In Sitzungen, Briefen, E-Mails, im Mitteilungsblatt und über ein privates Internet-Tagebuch holzt die Bürgermeisterin gegen Fragesteller und Kritiker. Während sie angibt, vor lauter Arbeit keine Zeit für die Beantwortung von Fragen zu haben, fällt Blogschreiberin Bonnemeier ausschweifend über Kritiker her, nicht selten garniert mit bizarren Dutzi-Dutzi-Lebensweisheiten.

Der Tenor lässt sich auf einen Nenner bringen: Sie, die pausenlos arbeitende Bürgermeisterin, werde gemein attackiert, umzingelt, verfolgt, ja "beschimpft, beleidigt und erpresst", wie sie am Telefon sagt. Konkrete Fragen zu ihrer Auftragsvergaben und Ausgaben beantwortet sie nicht mit der Begründung: Alles geheim. Denn das finanziell marode Leutershausen hat Aufgaben in ein Kommunalunternehmen (KU) verlagert und das arbeite nun mal nicht-öffentlich. Nur hat dieses KU die Arbeit noch nicht wirklich aufgenommen.

So hat die Amtsführung der Bürgermeisterin Leutershausen gespalten und das hat viel mit Bonnemeiers Internet-Tiraden zu tun. Zumal ihre Wortwahl bisweilen grenzwertig abdriftet. Neulich trennte sie in "Plus- und Minusmenschen". Das sei "wie in einem totalitären System", sagt ihr Stellvertreter Manfred Schmaus. "Das ist der Sprachduktus der Nazis, wie damals bei Goebbels, der von Herren- und Untermenschen redete".

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