Battle-Rap:Was du Liebe nennst

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Die Öffentlichkeit schreckt auf, Politik und Medienhäuser wundern sich, dabei ist der kommerzielle Erfolg des Battle-Rap schon länger riesig.

Von Jens-Christian Rabe

Mit dem Eklat um die Echo-Auszeichnung der beiden antisemitischen deutschen Rapper Felix Blume alias Kollegah und Farid Hamed El Abdellaoui alias Farid Bang rückt ein ganzes Popmusik-Genre in den Blick der allgemeineren Öffentlichkeit, das dort bislang eher vernachlässigt wurde: der deutschsprachige Gangsta- oder Battle-Rap.

Der Battle-Rap ist die Spielart des Hip-Hop, bei der sich die Protagonisten einerseits auf extreme - und durchaus auch immer wieder selbstironische - Weise selbst feiern und andererseits ihre Gegner auf übelstmögliche Weise herabwürdigen. Gerne - und hier dann oft erstaunlich bierernst - garniert mit Frauenverachtung, Homophobie und Gewaltverherrlichung oder eben Antisemitismus. Ein Kampf mit Worten, je schmutziger, härter und krasser, umso besser.

Vernachlässigt wurde diese Kunst der synkopierten Beleidigung, die in anderen Zusammenhängen als menschenverachtend wahrgenommen wird, bislang von der nun aufgeschreckten Öffentlichkeit, also der Politik und den großen öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern und privaten Medienhäusern. Der wirtschaftliche Erfolg und die damit einhergehende Verbreitung des deutschen Battle ist schon eine gute Weile riesig. Seit mehreren Jahren landen Deutschrap-Alben regelmäßig auf dem ersten Platz der deutschen Charts. Allein 2017 waren es 13. Darunter sind nicht nur Battle-Rap-Alben, aber überwiegend. Nur hier und da schleicht sich noch mal etwas guter alter deutscher Bürgersöhnchen-Rap oder neuer Avantgarde-Hip-Hop dazwischen. Am Gesamtumsatz hatte das Genre Hip-Hop (das hier auch den englischsprachigen einschließt) laut den Daten der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Jahr 2017 in Deutschland einen Anteil von 12,6 Prozent. Erfolgreicher waren nur noch Pop und Rock. Im Hip-Hop-Mutterland USA dominiert das Genre Hip-Hop/R'n'B mittlerweile das Pop-Geschäft.

In den Bilanzen der Streaming-Dienste, die ein viel jüngeres Publikum haben als der klassische Pop-Markt, ist das schon länger so. In die Top-Ten der deutschen Streaming-Jahrescharts 2017 schafften es laut GfK nur zwei deutsch-sprachige Titel, beide aus dem Rap: "Was du Liebe nennst" von Bausa und "Ohne mein Team" von Bonez MC & RAF Camora feat. Maxwell. Nur 22 der 100 in Deutschland am häufigsten gestreamten Songs waren deutschsprachig, die meisten davon jedoch, wie bereits 2016, Battle-Rap-Titel. Von den Fans, die mehrheitlich Jugendliche und Schüler zwischen zehn und 20 sind, werden auch die Videos der Künstler auf Youtube millionenfach geklickt. Die Seiten der fünf großen Online-Hip-Hop-Magazine haben zusammen monatlich mehr als vier Millionen Besuche.

Das beim Echo ausgezeichnete Album "Jung, brutal, gut aussehend 3" von Kollegah und Farid Bang stieg im Dezember 2017 auf dem ersten Platz der Albencharts und landete schließlich auf dem vierten Platz der Jahrescharts aller hierzulande verkauften Pop-Alben.

© SZ vom 19.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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