Vorschlag-Hammer:Stagediving am Irschenberg

Lesezeit: 1 min

Fusionen im Kulturleben sind eine spannende Sache. Weil sie den Horizont erweitern und den Künsten keine Grenzen setzen

Kolumne von Bernhard Blöchl

Ob es der Münchner glauben mag oder nicht, aber manchmal ereignen sich die aufregendsten Dinge außerhalb seiner Stadt. Unlängst hat es mich nach Rosenheim verschlagen, wo es im Kunstverein nicht nur zur Vereinigung der Genres kam. Das war schon fast ein interdisziplinärer Orgasmus. Normalerweise verlaufen Ausstellungsabende gesitteter ab, da gilt schon als Sensatiönchen, wenn Champagnerkorken durch die Luft schießen. Hier jedoch, vor den vitalen Werken von Oliver Westerbarkey, passierte Folgendes: Geladen war an diesem Märzabend der Giesinger Bud Spenzer Heart Chor, ein munterer Haufen Sänger, die sich nicht damit abfinden können, dass die Lieder aus den Filmen ihres Helden nicht den Alltag der Post-Spencer-Hill-Generation bestimmen. Auch in Rosenheim zündete ihr Programm, und bei "Flying Through The Air" ließ sich der ausstellende Künstler höchstpersönlich auf den Händen des Chores ein paar Meter durch den Raum tragen. Stagediving im Kunstverein, Pop-Ekstase vor Landschaftsdioramen - ich schätze mal, das bekommt der Rosenheimer nicht alle Tage geboten (der Münchner übrigens auch nicht).

Fusionen im Kulturleben sind eine spannende Sache. Weil sie den Horizont erweitern und den Künsten keine Grenzen setzen. Wissenschaft und Kabarett verbinden seit mehr als zehn Jahren die Science Busters aus Österreich. In ihrem aktuellen Programm ergründen sie Fragen wie diese: "Warum landen Asteroiden immer in Kratern?" Und: "Ist der Leib Christi glutenfrei?" (21. April, 14 und 20 Uhr, Lustspielhaus). Die kunstvolle Grenzüberschreitung zwischen Pop und Poesie gelingt dem Songwriter Eric Pfeil. Der für seine Kolumne im Rolling Stone unbedingt zu bewundernde Autorenkollege gibt bei der Trikont-Woche im Fraunhofer eines seiner knarzigen Wohnzimmerkonzerte (24. April, 20.30 Uhr). Eine Mischung aus Charles Bukowski und Pete Doherty strebt Tobias Bamborschke an. Der Sänger der Indie-Band Isolation Berlin macht sowohl als Dichter als auch als Rocksänger eine prima Figur (29. April, Hansa 39). Ein Crossover-Ereignis der ungewöhnlichen Art ist im neuen Dinzler-Veranstaltungszentrum zu erwarten: Von 27. April an fusionieren hier Gourmetküche und DJ-Set, wenn Sternekoch Andi Schweiger an fünf Abenden zum Menü lädt und Robert James Perkins im Anschluss auflegt. Wie wär's also mit Stagediving am Irschenberg, Tanz-Ekstase vor Kaffeesäcken?

© SZ vom 20.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: