Aubachtal:Wie Naturschützer, Bauern und Behörden die Kiebitze gerettet haben

Constanze Gentz beobachtet die vom Aussterben bedrohten Vögel jeden Tag - und lässt auch Besucher mal durchs Fernrohr schauen. Tatsächlich: Die Küken schlüpfen wieder.

Von Astrid Becker, Hechendorf

Es ist eine für diese Region einzigartige Rettungsaktion: Das Projekt Kiebitz im Aubachtal. In beispielloser Weise arbeiten dort Naturschützer, Behörden und Landwirte zusammen, um die vom Aussterben bedrohte Vogelart zu erhalten. Mit Erfolg: Gleich sechs Gelege sind nun, unterhalb des Hechendorfer Bahnhofs, entdeckt worden. Zwei Jungtiere sind bereits am Freitag geschlüpft. Und es könnten noch viel mehr werden.

Besonders glücklich ist darüber Constanze Gentz. Die 40-Jährige ist zwar auch im Vorstand der Schutzgemeinschaft Aubachtal und Vorsitzende der neuen Bund-Naturschutz-Ortsgruppe Seefeld, aber die Sache mit den Kiebitzen ist für sie eine ganz besondere Herzensangelegenheit. Und eine recht private. Jeden Morgen, jeden Abend packt sie ihr Spektiv und schleppt es zu einem Acker im Aubachtal. Kommen Spaziergänger vorbei, "Besucher", wie sie sie mittlerweile nennt, dann dürfen diese durch ihr Glas blicken. Sie zeigt ihnen die Nester der Vögel, um die Menschen für diesen seltenen Bodenbrüter zu sensibilisieren. Vor drei Jahren ist Gentz nach Hechendorf gezogen, und da habe sie die alte Leidenschaft für Vögel wieder gepackt: "Ich bin da reingewachsen, mein Vater hat mir das nähergebracht", erzählt sie beim Pressetermin vor Ort. Gentz entdeckte Kiebitze auf dem Acker und beschloss, sich für ihren Schutz einzusetzen. Aus dieser Idee ist eine groß angelegte Kooperation entstanden. Gemeinsam kämpfen nun Behörden wie die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, die Regierung von Oberbayern, die Untere Naturschutzbehörde, der Landesbund für Vogelschutz (LBV) und zwei Landwirte um den Erhalt der Kiebitze im Aubachtal.

10 Küken

haben die Brutzeit 2017 im Aubachtal überlebt. Sie stammen aus drei Gelegen. Heuer gibt es doppelt so viele Nester dort - und damit verbunden auch die Hoffnung auf viele Jungvögel. Der Kiebitz ist vom Aussterben bedroht. Von 1960 bis 2010 hat sich sein Bestand in Deutschland halbiert, seit 2010 noch einmal drastisch reduziert.

Einer von ihnen ist der junge Johann Hirschvogel. Er sagt: "So lange ich denken kann, weiß ich, dass es hier Kiebitze gibt." Hier, das ist das Areal am Aubach, der sieben Kilometer weit vom Plonnermoos in Richtung Pilsensee fließt. Das Tal, das ihn umgibt, gilt seit vielen Jahren als schützenswert. Seltene Pflanzen sind dort zu finden, die Teufelskralle zum Beispiel, das fleischfarbene Knabenkraut, das Labkraut, die Schwarze Akelei oder auch die Kuckuckslichtnelke. Gelbbauchunken und Kammmolche sind hier beheimatet - und eine ganze Kiebitzkolonie. Schon sein Vater habe auf sie geachtet, erzählt Hirschvogel. Der habe seinen Traktor immer um die Nester herumgelenkt. Doch leicht seien diese nicht zu finden. "Das geht nur, wenn ein Vogel drinsitzt, fliegt der weg, weil er gestört wird, dann siehst du die Nester nicht vom Traktor aus", erzählt er.

Hechendorf, Aubachweg Kiebitze PK

Im Aubachtal findet er das noch mit Hilfe von Bauern und Naturschützern wie Constanze Gentz (2. v. li.)

(Foto: Georgine Treybal)

Eine der wichtigsten Vorkehrungen, die also für diese Vögel getroffen werden müssen, ist es, den Standort der Nester zu markieren. Bambusstangen werden dafür in den Boden gerammt. Eine Arbeit, die viele Stunden Beobachtung der Vögel voraussetzt. Kiebitz-Männchen bauen schon mal sechs Nester - und die Weibchen dürfen sich dann das für sie beste aussuchen. Doch da ist auch noch die Ackerbrache, die Hirschvogel stehenlässt, damit die Kiebitze den für sie geeigneten Lebensraum finden. Im hinteren Teil seines Ackers, Richtung Bahnhof, ist sie situiert, dort, wo sich auch noch einige für diese Vogel so wichtige natürliche Feuchtstellen befinden.

Aubachtal: Der Kiebitz liebt offene und feuchte Flächen, die - auch wegen der intensiv genutzten Landwirtschaft - immer seltener werden.

Der Kiebitz liebt offene und feuchte Flächen, die - auch wegen der intensiv genutzten Landwirtschaft - immer seltener werden.

(Foto: Manfred Kühn)

Für sein Engagement bekommt Hirschvogel Ausgleichszahlungen aus verschiedenen Förderprogrammen. Doch für ihn ist vor allem eines wichtig: "Dass die Leute sensibilisiert werden und nicht durch das Grün rennen, schon gar nicht wenn die Vögel brüten. Und verstehen, dass wir Bauern nicht immer die Bösen sind." Das sagt auch Horst Guckelsberger vom LBV. Er ist schwer begeistert von der Zusammenarbeit: "Das Ganze ist ein Ausnahmefall, ein echtes Leuchtturmprojekt."

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