Luftverschmutzung:Der Tod liegt in der Luft

FILE PHOTO: People wearing masks dance amid heavy smog during a polluted day at a square in Fuyang

Leute tanzen trotz Smogs in Fuyang, China.

(Foto: REUTERS)
  • Die WHO geht davon aus, dass giftige Partikel wie Sulfat, Nitrat und Ruß für ein Viertel aller Todesfälle durch Herzkrankheiten und Hirnschlag verantwortlich sind sowie für 43 Prozent aller chronischen Lungenerkrankungen und 29 Prozent der Lungenkrebsfälle.
  • "Die Regierungen müssten entschlossener gegen die tödliche Verschmutzung ankämpfen", forderte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus

Von Michael Bauchmüller und Silvia Liebrich

China setzt auf Technologie, um das Problem der Luftverschmutzung zu lösen. In einigen Regionen ist die Luft so schlecht, dass die Menschen nur mit Mundschutz vor die Tür gehen. In der Metropole Xian saugt seit Kurzem ein 60 Meter hoher Turm schmutzige Luft auf, filtert sie und pustet sie gereinigt wieder aus. Die solarbetriebene Anlage am Rand der alten Kaiserstadt in der Provinz Shaanxi ist ein Testlauf. Bewährt sich das System, könnten schon bald weitere Türme gebaut werden.

Verschmutzte Luft in Städten, damit kämpft nicht nur China. Sieben Millionen Menschen weltweit sterben im Jahr dadurch, schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einem neuen Bericht. Neun von zehn Menschen weltweit atmeten den Angaben zufolge verpestete Luft ein. "Die Regierungen müssten entschlossener gegen die tödliche Verschmutzung ankämpfen", forderte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Mittwoch in Genf. Im Vergleich zur letzten Untersuchung von vor zwei Jahren hat sich an diesem Ergebnis nichts verändert. Nur liefern inzwischen 4300 statt 3000 Städte Daten, die von Satelliten und Bodenmessstationen gesammelt werden.

Giftige Partikel verursachen wohl viele Krankheiten

Die WHO schätzt, dass giftige Partikel wie Sulfat, Nitrat und Ruß für ein Viertel aller Todesfälle durch Herzkrankheiten und Hirnschlag verantwortlich sind sowie für 43 Prozent aller chronischen Lungenerkrankungen und 29 Prozent der Lungenkrebsfälle.

Dreckige Luft ist vor allem ein Problem weniger entwickelter Länder, wie die WHO-Daten zeigen. Mehr als 90 Prozent der Todesfälle gibt es demnach in Ländern mit niedrigen oder mittleren Einkommen, vor allem in Asien und Afrika. "In vielen Mega-Städten der Welt liegt die Schadstoffbelastung fünf Mal so hoch wie von der WHO empfohlen", sagte Maria Meira, WHO-Direktorin für öffentliche Gesundheit. In Ländern mit hohen Einkommen - Europa, USA und Kanada, Australien und Neuseeland - sei die Luft am besten.

Erhebliche Gesundheitsrisiken gehen nach wie vor von fossilen Brennstoffen aus. Etwa drei Milliarden Menschen haben laut WTO keine Möglichkeit, in ihren Unterkünften ohne belastende Rauchentwicklung zu kochen, in vielen Slums entsteht der Ruß gleich in der Hütte. Offenes Feuer bei der Essenszubereitung trage wesentlich zu Millionen Todesfällen bei, die auf verschmutzte Luft in Wohnungen und Unterkünften zurückgingen.

Unter freiem Himmel wird schlechte Luft durch Industrie- und Verkehrsabgase, Abfallverbrennung und Staub verursacht. Auch in vielen deutschen Städten sehen sich Bürger schlechter Luft ausgesetzt, hier vor allem durch Feinstaub und Stickstoffdioxid. Erst kürzlich hatte das Umweltbundesamt eine Untersuchung vorgelegt, nach der rein statistisch 6000 vorzeitige Todesfälle der Belastung mit Stickstoffdioxid zuzurechnen sind. Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck, Schlaganfall und Asthma ließen sich mit dem Schadstoff in Verbindung bringen. In Deutschland ist das schon allein deshalb ein großes Thema, weil sich beide Schadstoffe maßgeblich dem Straßenverkehr anlasten lassen. Auch Kohlekraftwerke stehen in schlechtem Ruf in puncto Luft, nicht nur in Deutschland. "Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass die Gesundheit der Menschheit massiv unter dreckiger Luft leidet", sagt die Grünen-Umweltpolitikerin Bettina Hoffmann. Die Bundesregierung müsse daran arbeiten, das Land zum Vorreiter für saubere Technologien zu machen.

Denn die nachträgliche Reinigung der Luft, wie sie in China nun getestet wird, ist teuer.

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