Digitalversicherer:Vorsprung durch Technik

Digitalversicherer: Insbesondere Smartphones wissen heute fast alles über ihre Nutzer – und werden so zu riesigen Datensammlern.

Insbesondere Smartphones wissen heute fast alles über ihre Nutzer – und werden so zu riesigen Datensammlern.

(Foto: Rob Hampson/Unsplash)

Die Unternehmen Simplesurance und Wefox sammeln bei Investoren viel Geld ein. Das Geheimnis ihres Erfolgs: Sie liefern etablierten Anbietern das Digital-Know-how, das ihnen fehlt.

Von Herbert Fromme, Köln

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Versicherer ist die Allianz. Der Händler muss sich um nichts kümmern - er erhält eine Provision pro abgeschlossener Versicherung. Organisiert wird das Ganze von dem digitalen Versicherungsvermittler Simplesurance. Simplesurance ist rechtlich gesehen ein sogenannter Versicherungs-Mehrfachagent, vor allem aber ein Internet-Unternehmen. Die Firma sorgt dafür, dass das Versicherungsangebot in die Shop-Seiten integriert wird und kümmert sich um alles andere - gegen eine Gebühr, die von der Allianz kommt.

Mancher traditionelle Versicherer hatte sie schon totgesagt, die jungen, wilden Angreifer mit ihren Start-up-Unternehmen. "Insurtechs" werden sie im Branchenjargon genannt, Firmen, die mit digitaler Technik in der Versicherungswirtschaft unterwegs sind. Die ersten Frontalattacken gegen die traditionellen Versicherer waren nicht erfolgreich, einige haben aufgegeben. Doch die meisten Insurtechs sind noch da - und werden mit immer mehr Kapital ausgestattet, das auch von traditionellen Gesellschaften kommt.

Simplesurance hat gerade in der dritten Finanzierungsrunde 20 Millionen Euro bei Investoren eingesammelt. Dazu gehören der Hauptinvestor Allianz X, eine Tochter des Münchener Versicherungskonzerns, der japanische Amazon-Konkurrent Rakuten und die Investorengruppe Rheingau Founders. Zusammen mit den beiden ersten Runden dürfte Simplesurance jetzt auf rund 50 Millionen Euro Investorengeld kommen.

Noch eine Nummer größer ist die künftige Kapitalausstattung des digitalen Vermittlers Wefox und des dazugehörigen Versicherers One mit Sitz in Liechtenstein. Im Herbst will Wefox seine nächste Finanzierungsrunde abschließen. "Es geht um einen dreistelligen Millionenbetrag", sagte Unternehmenschef Julian Teicke der SZ. Er bestätigte, dass Wefox die Investmentbank Goldman Sachs als Berater für die Transaktion beauftragt hat.

In früheren Investorenrunden hatte die Gruppe schon rund 50 Millionen Euro an Kapital gewonnen. Der Umsatz beläuft sich 2017 auf rund 13 Millionen Euro, 2018 will die Firma das verdreifachen.

Simplesurance hatte keine Probleme, die 20 Millionen Euro einzusammeln - ähnlich geht es auch Wefox. Teicke spricht vor allem mit asiatischen Investoren. Dort hat er Erfahrung: Der chinesische Großanleger Li Ka-Shing in Hongkong gehört schon jetzt zu seinen Geldgebern.

Investoren haben gute Gründe dafür, den Insurtechs Millionen anzuvertrauen. Die Versicherungsbranche ist reif für den digitalen Wandel - und die Newcomer werden dabei eine wichtige Rolle spielen. Die erfolgreichen digitalen Versicherer und Vermittler arbeiten in Kooperationsmodellen mit etablierten Anbietern. Sie glauben, dass sich ihre Technik und ihr Geschäftsmodell langfristig durchsetzen, vor allem, da sie inzwischen den Technikstand der anderen Seite kennenlernen.

Das größte Problem der Branche ist der Mangel an IT-Fachkräften

Simplesurance arbeitet in 28 europäischen Ländern und in Nordamerika. Noch in diesem Jahr will Gründer und Chef Robin von Hein nach Japan expandieren. "Die erneute Beteiligung von Rakuten bei der Finanzierungsrunde ist für unsere Pläne in Japan sehr wichtig", sagte von Hein. "Rakuten ist nicht nur im Online-Handel sehr aktiv, sondern auch mit Versicherungstöchtern." Mit welchem Versicherer Simplesurance arbeitet, ist im Prinzip gleichgültig - er muss nur digital fit sein.

Auch Wefox-Chef Teicke hat große Pläne. Er kann sich vorstellen, mit den Millionen andere Start-ups zu kaufen, die zwar wenig Erfolg haben, aber dennoch über gute Ideen und eine ausgefeilte Technik verfügen. Wefox arbeitet mit einer Reihe von renommierten Versicherern zusammen, darunter die Munich Re. Anders als manche Rivalen hat Teicke nie daran geglaubt, dass der Online-Vertrieb die Makler und Vertreter einfach so ablöst.

Geld für die ambitionierten Projekte der Newcomer gibt es genug. Knapp sind eher die Menschen, die das umsetzen müssen. "Unser größtes Problem ist die Personalbeschaffung", sagte Simplesurance-Chef von Hein. "Wir haben aktuell 30 offene Stellen."

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