Sturmjäger Bastian Werner:"Hagel, Sturm und Regen, Blitze, Donner - das ist ein Riesenerlebnis"

Fotos aus dem Bildband „Sturmjäger“ von Bastian Werner
Foto:  ©Bastian Werner/Frederking & Thaler Verlag

Ein Foto von Bastian Werner zeigt ein Gewitter im hessischen Groß-Gerau.

(Foto: Bastian Werner/Frederking & Thaler Verlag)

Wenn es stürmt und blitzt, kommt Bastian Werner und fotografiert die Extreme. Ein Gespräch über die Faszination von Gewittern, die schon mal wie eine riesige schwarze Wand auf ihn zukommen.

Interview von Titus Arnu

Hagel, Donner und Regen - für Bastian Werner sind das die perfekten Bedingungen. Er ist Sturmjäger und fotografiert leidenschaftlich gerne Gewitter und andere Wetterphänomene und gilt als einer der bekanntesten Wetterfotografen Deutschlands. Er bietet Sturmtouren an und hat vor Kurzem ein Buch mit seinen spektakulärsten Aufnahmen veröffentlicht ("Sturmjäger. Wetterextremen in Deutschland auf der Spur", Verlag Frederking & Thaler).

SZ: Herr Werner, empfinden Sie Sonnenschein und blauen Himmel als schlechtes Wetter - und ein Sturmtief als schön?

Natürlich kann ich die warme Frühlingssonne auch genießen. Aber aus Sturmjägersicht ist ruhiges, sonniges Wetter unspektakulär. Da passiert ja nichts.

Fotos aus dem Bildband „Sturmjäger“ von Bastian Werner
Foto:  ©Bastian Werner/Frederking & Thaler Verlag

Bastian Werner, 25, studiert Optotechnik und Bildverarbeitung an der Hochschule Darmstadt. Seine Leidenschaft gilt seit Jahren der Wetterfotografie. Er interessiert sich besonders für die Extreme, also Blitze und Donner.

(Foto: privat)

Was müsste denn passieren, damit es spannend wird für Sie?

Mich interessieren Gewitterfronten. Heftige Winde. Blitze. Tiefe, rotierende Wolkenabsenkungen, aus denen vielleicht ein Tornado entstehen kann.

Was ist der Reiz an so einem Unwetter? Und sollte man sich bei einem Gewitter nicht besser in Sicherheit bringen, als ihm nachzujagen?

Manchmal sehen Gewitter voll langweilig aus. Auch ein riesiges Sturmtief kann ziemlich öde sein. Mich interessieren aber möglichst heftige Gewitter, und da muss ich für die besten Fotos mittendrin sein. Faszinierend ist es, wenn eine riesige schwarze Wand direkt auf mich zukommt, das ist schon ziemlich dramatisch. Hagel, Sturm und Regen, Blitze, Donner - das ist dann ein Riesenerlebnis für mich.

Kann man so eine Aufnahme denn überhaupt planen?

Ganz genau planen kann man es nicht, aber ich kann die Wahrscheinlichkeit, wo es wann zu heftigen Gewittern kommt, einigermaßen eingrenzen. Wenn sich irgendwo eine Gewitterzelle bildet, fahre ich ihr im Auto hinterher, am besten im Team, damit man sich abwechseln kann. Da kommen ganz schöne Strecken zusammen.

Wie weit und wie lange sind Sie unterwegs?

Unterschiedlich. Manchmal nur in Südhessen, aber manchmal auch quer durch Europa. Einmal sind wir innerhalb von 24 Stunden mehr als 2000 Kilometer gefahren, von Deutschland nach Belgien, weiter nach Frankreich, wieder nach Belgien, in die Niederlande, zurück nach Belgien und dann wieder nach Deutschland, immer einer Gewitterzelle hinterher.

Woher wissen Sie, wo es zu Gewittern kommen kann?

Ich suche mir einen idealen Punkt raus, wo es laut Wetterprognose besonders starke Höhenwinde und thermische Energie gibt - dort sind Gewitter am wahrscheinlichsten. Da wollen wir hin. Ich arbeite mit detaillierten Wetterdaten, die auch Meteorologen zur Erstellung von Wetterkarten benutzen, außerdem benutze ich Wetter-Apps.

Woher kommt diese Faszination für Unwetter bei Ihnen?

Ich habe mich als Kind immer für Luftfahrt interessiert und als Jugendlicher den Segelflugschein gemacht. Da muss man sich gut mit dem Wetter auskennen. Bei der Recherche über Wetterthemen bin ich mit einem Sturmjägerforum in Kontakt gekommen. Sturmjäger bin ich erst, seitdem ich 2011 den Führerschein gemacht habe und längere Strecken fahren konnte.

Wie wird man Sturmjäger, kann man das lernen?

Ja, es gibt dazu jede Menge Literatur und Infos in entsprechenden Internetforen. Diese Fachliteratur bezieht sich aber ausschließlich auf die USA. Die grundsätzlichen Ansätze sind natürlich die gleichen, aber in Deutschland gibt es andere Quellen für Wetterdaten, außerdem entwickelt sich das Wetter in unseren Mittelgebirgen viel komplexer als im flachen Mittleren Westen der USA. Mittlerweile biete ich auch Touren für Anfänger an. Zuerst besprechen wir im Theorieteil, wie man Wetterprognosen deutet, und dann fahre ich mit den Teilnehmern in Richtung Gewitterzelle.

Ist es nicht gefährlich, mitten in einem Gewitter zu fotografieren?

Wir sind meistens direkt unter den Gewitterzellen, im Aufwindbereich, wo kein Hagel und kein Regen fällt. Das größte Risiko besteht in dem Bereich, wo der Regen fällt, das Risiko für einen Blitzschlag ist dort viel höher. Allerdings fotografiere ich nicht vom Auto aus, sondern meistens im Freien, um ein Stativ aufstellen zu können. Das kann bei starkem Wind schon manchmal gefährlich sein.

Wie nahe bei Ihnen ist der Blitz schon eingeschlagen?

Der nächste Einschlag war fünf Meter vor mir, das war in einem Weinberg bei Würzburg. Da habe ich einen kurzen Moment lang nichts mehr gesehen, und die Hitze war so groß wie bei einer Stichflamme. Eigentlich hatten wir keinen Blitz erwartet dort, das war sehr überraschend. Aber insgesamt sind umstürzende Bäume und herumfliegende Gegenstände bei Orkanen gefährlicher. Da würde ich lieber nicht draußen rumlaufen.

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