Vollgeld:Entthronung der Banken

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Im Juni wird es in der Schweiz eine Volksabstimmung zur Vollgeldreform geben. Diese soll den privaten Banken die Möglichkeit der Geldschöpfung nehmen. Auch in Deutschland gibt es Anhänger der Reform, wie dieser Leserbrief zeigt.

Nikolaus Piper stellt in "Echtes Geld" vom 27. April über die Schweizer Volksabstimmung zur Vollgeldreform folgende Frage: "Hat eine Notenbank, selbst wenn ihre Unabhängigkeit in der Verfassung steht, das Wissen und die Mittel, die Geldmenge so präzise zu steuern, wie das im neuen System nötig wäre?"

Dazu folgende Gegenfrage: Sind die Banken selbst die Richtigen, um die Geldmenge zu steuern, so wie es derzeit ist? Banken sind gewinnorientierte Unternehmen, und ihre Entscheidung über Geldschöpfung richten sie nach ihren eigenen Gewinnaussichten: Läuft es für sie gut, werden viele Kredite vergeben und damit viel Geld geschöpft, läuft es für sie nicht so gut, wird die Kreditvergabe und damit die Geldschöpfung abgewürgt. Das verstärkt den Boom und verschlimmert die Rezession. Dabei ist besonders die enge Koppelung von Geldschöpfung und Verschuldung problematisch: Wenn sich niemand mehr verschulden will oder kann, wird durch Banken kein neues Geld mehr geschaffen. Das ist besonders dann schwierig, wenn politischer Konsens besteht, die Staatsverschuldung nicht weiter zu erhöhen: Der Staat kann nicht mehr einspringen, wenn private Akteure sich nicht mehr verschulden.

Banken sind für die Bestimmung der Geldmenge nicht die richtigen Ansprechpartner, da könnte man gleich den Bock zum Gärtner machen. Vielmehr kann diese Funktion nur eine öffentliche Institution wie die Zentralbank übernehmen, die die Volkswirtschaft als Ganzes im Blick hat. Für die Bestimmung der Geldmenge verfügen Zentralbanken schon heute über eine Vielzahl von Daten. Bloß können sie selbst über die Geldmenge nur indirekt entscheiden, oft auch durch Überschreitung ihrer Zuständigkeit. Wenn ihre Zinsen wie derzeit bei null liegen, haben sie fast gar keinen Handlungsspielraum mehr. Erst in einem Vollgeldsystem könnten sie über die Geldmenge entscheiden. Die dann präzise gefasste Zuständigkeit der Zentralbank kann dann im System der öffentlichen Gewaltenteilung so austariert werden, dass es nicht zu Machtmissbrauch kommt und die ganze Gesellschaft von der Geldschöpfung profitiert, nicht nur die Finanzelite.

Klaus Karwat, Monetative e.V., Berlin

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