Kurzkritik:Wunderbar

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Das Jerusalem Quartet im Prinzregententheater

Von Andreas Pernpeintner, München

Das Streichquartett gehört ja zu jenen Gattungen, die musikhistorisch eng mit der Hausmusik verbunden sind. Aber gute Güte, um ein Werk wie Bartóks erstes Streichquartett so zu spielen, dass diese komplexe Musik ihre Wirkung entfaltet, braucht es schon ein phänomenal gutes Ensemble - wie das Jerusalem Quartet bei seinem Konzert im Prinzregententheater. Wunderbar, wie die Musiker die polyphone Strenge des ersten Satzes beleuchten, seinen ruhigen Fluss mit den weiträumigen, homogenen Lautstärkeentwicklungen - und auch die Darbietung des Allegrettos weist diese Stärken auf. Der dritte Satz in seiner steten Abwechslung der Stimmungseindrücke ist dann eine Art Quartett im Quartett. Die Musiker spielen ihn mit großem Impetus, markant in der mitunter durchaus gewitzten Rhythmik, aber auch mit dem gebotenen klanglichen Ernst, um die monumentalen und herben Ausdrucksmomente abzubilden. Das ist großes Musizieren.

Dass das Jerusalem Quartet perfekt koordiniert ist, bewies es schon zuvor bei Mozarts "Jagdquartett". Dessen Ecksätze sind von frisch zupackendem Gestus; die Musiker phrasieren Mozarts pointierte Ideen sehr elegant. Besonders aber beeindruckt das Menuett, das, abgesehen vom Trio, tänzerisch prägnante Rhythmik gegen sangliche Melodik eintauscht. Ungewöhnlich. Der dichte Ton des Jerusalem Quartet passt dazu hervorragend.

Nach der Pause steht Beethovens Streichquartett Nr. 16 auf dem Programm. Beethoven-Spätwerk, heiliges Terrain. Ganz besonders dem dritten Satz mit der frappierend kontemplativen Klangwelt hört man das auch an (obwohl die Musiker zwischendurch nicht ganz so perfekt intonieren wie sonst). Insgesamt aber herrscht vitale Bewegung vor, die in der ersten Zugabe, dem Allegretto pizzicato aus Bartóks viertem Quartett, ihre Fortsetzung findet. Riesiger Applaus und mit dem Menuett aus Haydns "Sonnenaufgang-Quartett" eine zweite Zugabe, die thematisch einen schönen Bogen zum Mozart-Konzertbeginn schlägt.

© SZ vom 16.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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