Wikileaks-Gründer:Nervenkrieg um Julian Assange

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(Foto: Collage Stefan Dimitrov)
  • Seit fast sechs Jahren befindet sich Wikileaks-Gründer Julian Assange nun in der ecuadorianischen Botschaft in London.
  • Seine Gastgeber betreiben einen Aufwand in Millionenhöhe, um ihn vor britischen Behörden zu schützen.
  • Auch Assange selber hört offenbar seine Gäste ab.

Von Bastian Obermayer und Nicolas Richter, München

Der Internet-Aktivist und Wikileaks-Gründer Julian Assange, der in der ecuadorianischen Botschaft in London Zuflucht gefunden hat, wird von seinem Gaststaat mit einem millionenschweren Überwachungsprogramm geschützt. Die aufwendige Geheimdienst-Operation läuft seit mehr als fünf Jahren und kostet Monat für Monat durchschnittlich 66 000 Dollar, allein im ersten Jahr lagen die Kosten bei einer Million Dollar. Die Regierung Ecuadors hat dafür eine europäische Sicherheitsfirma beauftragt, die Assange rund um die Uhr überwacht und akribisch Buch führt über dessen Besucher und Gewohnheiten. Als Stützpunkt für die Operation wurde für mehr als 4000 Euro im Monat eine Wohnung nahe der Botschaft angemietet. Das Geld dafür stammt aus einem Sonderetat des Geheimdiensts.

Dies ergibt sich aus vertraulichen Unterlagen, welche die Süddeutsche Zeitung, der britische Guardian sowie das ecuadorianische Magazin Focus einsehen konnten. Die Dokumente geben Einblick in die "Operación Huésped", später umbenannt in "Operación Hotel". Sie dokumentieren, dass Assange aus Sicht seiner Bewacher mehreren Bedrohungen ausgesetzt ist. Als eine Gefahrenquelle gilt demnach die britische Polizei, der zugetraut wird, dass sie zum Beispiel unter einem medizinischen Vorwand in die Botschaft eindringen und Assange festnehmen könnte. Die zweite Gefahrenquelle ist demnach Assange selbst, der sichtbar darunter leidet, das Gebäude nicht verlassen zu können. Seine Bewacher sorgen sich um seinen seelischen Zustand, fürchten aber auch, dass seine politischen Aktivitäten die Beziehungen Ecuadors zu anderen Staaten belasten könnten.

Assange hat als Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks Tausende vertrauliche Dokumente veröffentlicht, unter anderem US-Regierungsunterlagen zu den Kriegen im Irak und in Afghanistan. Im Jahr 2012 bat er in der Londoner Botschaft Ecuadors um Asyl, weil ihn Großbritannien nach Schweden ausliefern wollte. Assange sollte sich dort zu Vorwürfen äußern, er habe Sexualdelikte begangen. Ecuador gewährte Assange Asyl, der damalige Präsident Rafael Correa wollte damit ein Zeichen gegen die USA setzen. Assange sieht sich bis heute nicht in der Lage, sein Asyl zu verlassen. Zwar hat Schweden die Vorwürfe fallen gelassen. Die britischen Behörden aber würden Assange, sobald er die Botschaft verließe, wegen des Verstoßes gegen Kautionsauflagen verhaften. Anschließend könnten sie ihn an die USA ausliefern. Assange vermutet, dass er dort wegen des Vorwurfs der Spionage verfolgt wird. Es ist unklar, ob es ein solches Strafverfahren tatsächlich gibt.

Assange benimmt sich selbst immer wieder seltsam und beunruhigt damit seine Gastgeber. Laut einem Protokoll aus dem Jahr 2017 zum Beispiel schneidet er offenbar ein Gespräch mit zwei Gästen mit. Er benutzt dafür mehrere Geräte, die er heimlich am Körper angebracht hat. Seine Bewacher befürchten daraufhin, dass er auch vertrauliche Gespräche mit dem ecuadorianischen Botschafter aufnehmen könnte. Assanges Vertreter wollten sich auf Anfrage nicht dazu äußern.

© SZ vom 16.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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:Der merkwürdige Herr Assange

Aus seinem Botschafts-Asyl empfängt, erklärt und agitiert der Wikileaks-Gründer. Eine millionenteure Geheimdienst-Operation soll Julian Assange schützen und dabei überwachen - denn kaum jemand traut ihm.

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