Manipulierte Asylverfahren:Bamf überprüft weitere Außenstellen

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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) steht seit Wochen in der Kritik. (Foto: dpa)
  • Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) untersucht 8500 Asylbescheide in mindestens zehn der 70 Außenstellen.
  • Dort weicht die Schutzquote deutlich vom Bundesdurchschnitt ab. Teils liegt der Anteil darüber, teils darunter.
  • Die FDP will die gesamte Flüchtlingspolitik der Bundesregierung untersuchen lassen. Die Grünen wollen den Untersuchungssausschuss auf das Bamf beschränken.

Bremen ist womöglich nicht die einzige Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), in der Asylanträge manipuliert wurden. Unregelmäßigkeiten gab es auch an weiteren Standorten. Dort weicht die Schutzquote um zehn Prozent vom Bundesdurchschnitt ab, teils nach oben, teils nach unten.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa überprüft das Bamf deshalb zehn der insgesamt 70 Außenstellen. In repräsentativen Stichproben würden insgesamt 8500 Fälle aus dem Jahr 2017 untersucht. Die Bild am Sonntag (BamS) berichtet von 13 Außenstellen und 8000 Asylbescheiden. In Bremen werden derzeit 18 000 Fälle rückwirkend bis zum Jahr 2000 nachgeprüft. Dort sollen mehr als 1000 Bescheide manipuliert worden seien, 70 Mitarbeiter sind mit der Aufklärung des Skandals beschäftigt.

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Es habe "bewusste Manipulationen" in der Außenstelle Bremen gegeben, räumt Jutta Cordt ein. 18 000 positive Asylbescheide sollen nun überprüft werden.

Von Mike Szymanski, Berlin, und Benedikt Peters

Darüber hinaus geht das Bamf Unklarheiten bei Asylbescheiden in seiner Außenstelle im rheinland-pfälzischen Bingen nach. Ein Mitarbeiter hatte die Zentrale in Nürnberg im Februar darum gebeten, Verfahren zu überprüfen. "Hintergrund des Hinweises sind fachlich divergierende Einschätzungen über asylverfahrensrechtliche Bewertungen zwischen den Mitarbeitern in der Außenstelle", sagte eine Sprecherin des Innenministeriums.

Sie bestätigte, dass Innenminister Horst Seehofer (CSU) die Stelle des Leiters der Abteilung Migration am 2. Mai neu besetzt hat. "Dies erfolgte im Rahmen einer organisatorischen und personellen Neuausrichtung des Hauses und stand in keiner Weise im Zusammenhang mit den Vorfällen im Bamf", sagte die Sprecherin. Über die Personalie hatte die BamS berichtet.

Viele Dolmetscher sind fachlich schlecht ausgebildet

Neben den Asylbescheiden hat das Bamf eine weitere aktuelle Baustelle: Dolmetscher. Diese sollen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe zufolge geschult werden, um die Übersetzungen in Asylverfahren zu verbessern. Viele Dolmetscher seien fachlich kaum ausgebildet. In einem fünftägigen Seminar würden "spezifisch auf das Asylverfahren bezogen Kenntnisse zu Berufsethik, Dolmetschtechniken und -strategien und Techniken zur Abgrenzung vermittelt", sagte ein Sprecher.

Im April hatte das Bamf die Zusammenarbeit mit mehr als 2000 Dolmetschern beendet. Aus Sicht der Behörde erschienen sie nicht neutral oder wenig vertrauenswürdig, waren unpünktlich oder hielten Standards nicht ein. Derzeit arbeiten etwa 5800 Dolmetscher im Auftrag des Bundesamtes. Nach Funke-Informationen sind nur 620 von ihnen vor Gericht vereidigt.

Die FDP fordert einen Untersuchungsausschuss

Noch ist unklar, ob sich ein Untersuchungsausschuss im Bundestag mit den Unregelmäßigkeiten beim Bamf beschäftigen wird. Die FDP hatte gefordert, die gesamte Flüchtlingspolitik der Bundesregierung seit 2014 untersuchen zu lassen. Die AfD unterstützt diesen Vorschlag.

Das lehnen die Grünen allerdings ab. Luise Amtsberg, Fraktionssprecherin für Flüchtlingspolitik, sagte der BamS, ein Ausschuss solle "in erster Linie die Missstände im Bamf untersuchen, nicht die angebliche Grenzöffnung 2015".FDP-Chef Lindner und der AfD gehe es darum, mit Kanzlerin Angela Merkel abzurechnen. "Für diese taktischen Spielchen ist die Situation aber zu ernst", so die Grünen-Politikerin.

Um einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, muss mindestens ein Viertel der Bundestagsabgeordneten den Antrag unterstützen. Das bedeutet, dass mindestens drei der vier Oppositionsfraktionen AfD, FDP, Grüne und Linke zustimmen müssen. Die Linkspartei hat sich bereits dagegen ausgesprochen. Deshalb hängt es von den Grünen ab, ob ein Untersuchungsausschuss zustande kommt.

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