Palästina:Mahmud Abbas, der gescheiterte Präsident

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Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (3.v.l) befindet sich zum dritten Mal innerhalb einer Woche im Krankenhaus. (Foto: dpa)

Das Erbe von Abbas ist bescheiden: Der Friedensprozess im Nahen Osten steht still, und die Palästinenser sind gespalten. Mit seinen politischen Zielen ist er gescheitert.

Kommentar von Alexandra Föderl-Schmid

Im Morgenmantel läuft der palästinensische Präsident Mahmud Abbas durch die Gänge des Istischari-Arab-Krankenhauses bei Ramallah im Westjordanland, er liest Zeitung. Die palästinensischen Medien bringen diese Bilder, um zu zeigen: Abbas lebt! Er kann selbständig gehen. Sprechen hört man ihn jedoch nicht.

Der 83-Jährige wurde zum dritten Mal binnen einer Woche ins Krankenhaus eingeliefert und wird nun stationär wegen einer Lungenentzündung behandelt. Der Gesundheitszustand von Abbas löst Debatten aus, die er selbst in den vergangenen Jahren strikt untersagt hat. Abbas ist nicht nur Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, er ist auch noch Vorsitzender der PLO, der Dachorganisation der palästinensischen Fraktionen, und Chef der stärksten Partei, der Fatah.

Abbas nimmt in Kauf, dass sein Volk noch mehr leidet

Abbas regiert mit harter Hand und hat sich zu einem Autokraten entwickelt. Eigentlich endete seine Amtszeit schon 2009. Weil er sich seines Wahlsieges aber nicht sicher sein konnte, hat Abbas das Parlament aufgelöst und regiert seither per Dekret. Mit geradezu messianischem Zorn verfolgt er seine stärksten politischen Rivalen, die Hamas nach deren Wahlsieg im Gazastreifen. Im Westjordanland gehen die palästinensischen Sicherheitskräfte unerbittlich gegen Hamas-Aktivisten vor und sehen sich in diesem Kampf oft Seite an Seite mit den israelischen Besatzern.

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Mehr als 60 Tote an einem Tag - nach der verheerenden Bilanz vom Montag sollen Experten untersuchen, was bei den Protesten in Gaza wirklich passiert ist. Doch ob Israel sie vor Ort ermitteln lässt, ist unklar.

Abbas nimmt auch in Kauf, dass sein eigenes Volk im Gazastreifen noch mehr leidet, als es die Menschen dort ohnehin schon tun durch die Auswirkungen der israelischen Blockade, der sich Ägypten angeschlossen hat. Er hat die Stromlieferungen reduziert, provoziert Engpässe bei der medizinischen Versorgung und hat die Bezahlung von Beamtengehältern im Gazastreifen gestoppt. Er will die Hamas in die Knie zwingen - selbst um den Preis, dass es vor allem die Bevölkerung trifft.

Abbas hat überall seine Vertrauensleute in Positionen gehievt, aber keine endgültige Entscheidung über seine Nachfolge getroffen. Sie werden versuchen, untereinander zu klären, wer welche Positionen übernimmt. Denn auch sie haben viel zu verlieren in diesem von Korruption gekennzeichneten System, das ihnen finanzielle Möglichkeiten beschert und Reisefreiheit. Das gilt für Abbas' Stellvertreter in der Fatah, Mahmud Al-Aloul, genauso wie für Geheimdienstchef Madschid Faradsch.

Abbas' Erbe ist überschaubar

Der beliebteste Palästinenser sitzt in einem israelischen Gefängnis: Marwan Barghuthi. Dass die Verfassung angewandt wird, ist auszuschließen, denn dann müssten binnen 60 Tagen Wahlen angesetzt werden, für die Übergangszeit würde Parlamentssprecher Asis Duek die Geschäfte leiten - er ist Hamas-Mitglied.

Das Erbe, das Abbas hinterlassen wird, ist ohnehin überschaubar, mit der Umsetzung seiner politischen Anliegen ist er gescheitert. Der Friedensprozess ist schon vor der Entscheidung der USA, die Botschaft nach Jerusalem zu verlagern, zum Erliegen gekommen. Eine Strategie, ihn in Gang zu bringen, hat er nicht. Der Bau jüdischer Siedlungen wird seit Jahren ungebremst fortgesetzt - erst recht jetzt unter der neuen US-Regierung.

Trotz rhetorischer Ausbrüche hielt Abbas in all den Jahren am Prinzip des gewaltlosen Widerstands fest und setzte die im Volk verhasste Kooperation mit den Besatzern, den israelischen Sicherheitskräften, durch. Was ihm aber am meisten anzulasten ist: dass Abbas als Präsident die Spaltung der Palästinenser vorangetrieben hat.

© SZ vom 23.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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