Sparkassen:Unheimliche Profite

Ein Luftschiff mit Aufschrift Sparkasse dreht seine Runden über Düsseldorf City Luftschiff Sparkasse

Ein Luftschiff dreht seine Runden über Düsseldorf.

(Foto: Rech/Imago)

Die Stadtsparkasse Düsseldorf unterhält seit vielen Jahren heimlich ein riesiges Private-Equity-Portfolio - und zieht daraus bis zu 90 Prozent ihres Gewinns.

Von Heinz-Roger Dohms, Hamburg

Die Probleme der deutschen Sparkassen sind bekannt: Das Zinstief nagt an den Erträgen. Die digitale Konkurrenz verdirbt die Preise. Und die Regulierer kommen mit immer neuen Auflagen. Insofern rieben sich Branchenkenner die Augen, als die Sparkasse Düsseldorf jüngst ihre Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr präsentierte. Der Gewinn betrage 102,5 Millionen Euro und liege damit "um 30,4 Millionen Euro über dem Vorjahr", frohlockte Vorstandschefin Karin-Brigitte Göbel. Probleme? Welche Probleme? Gerade das Kerngeschäft mit Krediten für Mittelständler, Häuslebauer und Privatleute scheint regelrecht zu brummen.

Nun zeigen Recherchen, wo die verblüffenden Gewinne offenbar in Wirklichkeit herkommen: Die Stadtsparkasse Düsseldorf, so steht es in alten Geschäftsberichten, unterhält seit Jahren ein riesiges Portfolio an Private-Equity-Beteiligungen - und zwar ohne dass die Öffentlichkeit etwas davon mitbekommen hätte. Private Equity? Das sind jene speziellen Finanzfonds, für die der SPD-Politiker Franz Müntefering einst den Begriff "Heuschrecken" erfand. Begründung: Die Fonds seien darauf spezialisiert, mittelständische Firmen zu übernehmen und dann zum Zwecke der Renditemaximierung auszuschlachten - ein Vorwurf, der zumindest in der Vergangenheit in manchen Fällen auch tatsächlich zutraf.

Das Institut verpflichtete sich, bis zu 480 Millionen Euro in die Fonds zu investieren

Über eine Tochtergesellschaft namens Equity Partners GmbH investierte die Stadtsparkasse Düsseldorf seit den frühen Nullerjahren in zwischenzeitlich mehr als 50 dieser Finanzvehikel. Die Dimension der Geschäfte war enorm. So verpflichtete sich die Sparkasse, bis zu 480 Millionen Euro in die Fonds zu investieren. Zwischenzeitlich wurde sogar überlegt, das Deal-Volumen auf bis zu eine Milliarden Euro aufzustocken. Zur Einordnung: Das Eigenkapital betrug damals gerade einmal gut 900 Millionen Euro.

Um zu verstehen, wie sich das kommunale Düsseldorfer Institut auf solch eine Wette einlassen konnte, muss man rund anderthalb Jahrzehnte zurückblicken. Innerhalb der Sparkassen-Organisation wurde damals jenes Ziel propagiert, für das die Öffentlichkeit wenige Jahre später einen gewissen Josef Ackermann scharf kritisieren sollte - nämlich die Maximierung der Eigenkapitalrendite. Zwar sollten es nicht ganz 25 Prozent sein, wie sie dem damaligen Vorstandschef der Deutschen Bank vorschwebten. Aber doch mindestens 15 Prozent. So dekretierte es im Herbst 2002 der damalige Sparkassen-Präsident Dietrich Hoppenstedt.

Für die meisten öffentlich-rechtlichen Institute war diese Zielvorgabe illusorisch. Und so verfiel man bei der Stadtsparkasse Düsseldorf offensichtlich auf jene "Kreditersatzgeschäfte", die anderen deutschen Banken während der Finanzkrise zum Verhängnis werden sollten. Der feine Unterschied: Anders als die Commerzbank, die Hypo Real Estate oder die West-LB setzten die rheinischen Sparkässler eben nicht auf amerikanische Subprime-Immobilien, sondern auf mehrheitlich amerikanische Private-Equity-Fonds. Was vermutlich eher Glück war als weise Voraussicht. Als Grundlage für die dicken Investments diente ein dünner Fachaufsatz aus dem Jahr 2004. Er trug den Titel "The Risk Profiles of Private Equity" ("Die Risikoprofile privater Beteiligungs-Engagements"). Auf Basis dieser "Studie" sehe man das Ausfallrisiko als "gering" an, steht in den alten Geschäftsberichten.

Als 2008 die Finanzkrise ausbrach, wurden sie bei der Sparkasse Düsseldorf dann doch nervös. Plötzlich sollten die Private-Equity-Engagements "begrenzt" werden, der Vorstand nahm erste Wertberichtigungen vor, manch einer hörte vermutlich bereits die Bombe ticken. Indes: Sie ging nicht hoch. Nicht 2009, nicht 2010, nicht einmal auf dem Höhepunkt der Euro-Krise 2011 - obwohl sich unter den Investments auch solche in Spanien, Portugal und Italien befanden. Stattdessen schlummerten die Beteiligungen in den Bilanzen vor sich hin. Und begannen irgendwann Ertrag abzuwerfen. Und wie!

2013 durfte der Vorstand bereits 21 Millionen Euro aus den Heuschrecken-Geschäften "ertragswirksam vereinnahmen", wie es im Geschäftsbericht heißt. 2014 waren es 25 Millionen Euro, 2015 sogar 53 Millionen Euro und 2016 dann 66 Millionen Euro. Damit kamen zuletzt rund 90 Prozent des Gewinns der Sparkasse aus Private-Equity-Deals, hat der Finanzanalyst Stefan Best ermittelt. Bleibt die Frage, warum die Stadtsparkasse Düsseldorf bis heute ein Geheimnis aus diesen Geschäften macht. Womöglich wird das ihr Geheimnis bleiben.

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