Evolution:Bienen stammen wahrscheinlich von fleischfressenden Wespen ab

Wespe mit Regentropfen

Nur echt mit der Taille: die Wespe.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)
  • Forscher haben knapp 200 Gene von mehr als 180 Bienen- und Wespenarten untersucht, verglichen und auf der Grundlage ihrer Analysen einen detaillierten Stammbaum erstellt.
  • Das Abstammungsdiagramm deutet darauf hin, dass der Pflanzenfresser Biene von Verwandten der heutigen Wespenfamilie Ammoplanidae abstammt.
  • Tatsächlich handelt es sich bei diesen relativ kleinen Grabwespen um Fleischfresser, die sich von winzigen Pollensammlern ernähren.

Von Kathrin Zinkant

Es gibt Seiten im Internet, die den Unterschied zwischen einer Biene und einer Wespe anhand des Charakters erklären. Biene fleißig, Wespe fies - das ist ja auch schön griffig. Für Entomologen dagegen sind weniger die Differenzen, sondern die gemeinsamen Wurzeln von Bienen und Wespen interessant.

Denn trotz des deutlich verschiedenen Aussehens - nur Wespen sind leuchtend gelb gestreift und haben die legendäre Taille - vermuten Forscher schon lange, dass die evolutionäre Mutter aller 20 000 heute lebenden Bienenarten selbst eine Wespe war. Doch wie konnte aus einem fleischfressenden Insekt ein Pollen- und Nektarsauger werden?

Melittosphex burmensis stammt aus Myanmar und ist rund 99 Millionen Jahre alt

Vermutlich über die Nahrung selbst. Erstmals liefert ein deutsches Team von Wissenschaftlern um Michael Ohl vom Naturkundemuseum Berlin jetzt in BMC Evolutionary Biology handfeste Belege aus der Genetik, welche die Evolutionsgeschichte der Bienen mit den Vorfahren heutiger Grabwespen verknüpfen. Die Forscher hatten knapp 200 Gene von mehr als 180 Bienen- und Wespenarten untersucht, verglichen und auf der Grundlage ihrer Analysen einen detaillierten Stammbaum erstellt. Das Abstammungsdiagramm deutet darauf hin, dass der Pflanzenfresser Biene von Verwandten der heutigen Wespenfamilie Ammoplanidae abstammt.

Tatsächlich handelt es sich bei diesen relativ kleinen Grabwespen um Fleischfresser, die sich von winzigen Pollensammlern ernähren. Die Nähe zum Blütenstaub der Pflanzen durch die eigentlich tierische Nahrung der Hautflügler könnte die Wespen auf den Geschmack gebracht und zum Vegetarismus bekehrt haben, denn Pollen ist nahrhaft, reichlich vorhanden und bedarf keiner Überwältigungsstrategien zum Erlegen der Beute.

Bisher hatten Forscher vor allem Fossilien untersucht, um Rückschlüsse auf die Evolutionsgeschichte der Bienen zu ziehen. Das bislang älteste Relikt einer urzeitlichen Biene mit Namen Melittosphex burmensis stammt aus Myanmar und ist rund 99 Millionen Jahre alt. Im Vergleich zu heutigen Bienen ist das Tier mit wenigen Millimetern Körperlänge zwar sehr klein, doch ähnelt es in seiner Größe tatsächlich den Grabwespen der Familie Ammoplanidae.

Für die Wissenschaftler ist durch die genetischen und fossilen Befunde relativ deutlich, dass heutige Bienen sich einst von den räuberischen Ahnen der Grabwespen ableiteten. Außerdem ist es den Forschern mit ihrer Arbeit gelungen, in den Stammbaum der Wespen etwas mehr Ordnung zu bringen. Sie schlagen für die Grabwespen nun eine überarbeitete Klassifizierung vor.

Im Übrigen sind nicht alle Bienen dabei geblieben, sich rein pflanzlich zu ernähren. Es gibt parasitär lebende Arten, die andere Bienen töten und teils aussaugen. Was dann ja doch eher fies als fleißig klingt.

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