Regionalliga-Relegation:Eine dem Sport ferne Regel

TSV 1860 Muenchen v 1. FC Saarbruecken - Third League Playoff Leg 2

Der Saarbrücker Marco Kehl-Gomez nach dem Relegationsspiel gegen den TSV 1860 München.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Meister steigen auf, so funktioniert der Fußball überall - nur nicht in den deutschen Regionalligen. Dass dieser Modus zu großem Frust führt, war schon bei der Einführung absehbar.

Kommentar von Sebastian Fischer

Wenn Verlierer Niederlagen erklären, spricht aus ihnen oft irrationaler Zorn. Doch Claus-Dieter Wollitz, Trainer von Energie Cottbus, stand als Gewinner der Relegation zur dritten Liga vor dem Mikrofon. Als ihn der Reporter nach der Gelassenheit des Siegers fragte, dachte er gar nicht daran. Er sagte, um das noch mal klarzustellen: "Diese Regel ist eine Regel der Unvernunft, ein Irrsinn, abartig, weltfremd."

Seit Jahren überbieten sich ambitionierte Regionalligisten mit Superlativen der Ablehnung, wenn sie den nahezu unmöglichen Aufstieg aus der vierten in die dritte Liga thematisieren: Von 92 Viertligisten und fünf Meistern steigen nur drei auf, diesmal 1860 München, Uerdingen und Cottbus. Flensburg und Saarbrücken müssen es als Meister wieder aufs Neue versuchen, ihre Leistung eines ganzen Jahres ist obsolet, wie weggewischt. Waldhof Mannheim kann zwar nicht die alte Fußball-Losung beanspruchen, wonach Meister aufsteigen müssen - doch nachdem sie sich als Südwest-Zweiter als sechstes Team für die Relegation qualifizierten, sind sie dort im dritten Jahr in Serie gescheitert. Dass sich in Mannheim der Frust in der wohl obligatorischen Randale entlud, ist verurteilenswert. Aber am Frust ist das System nicht unschuldig.

Der Meister steigt auf - so funktioniert der Fußball seit jeher

Auf dem Bundestag des DFB im Dezember haben die Delegierten einer notwendigen Reform zugestimmt, die in Wollitz' Worten aber verdächtig nach neuem Irrsinn klingt. Für zwei Jahre greift eine Übergangslösung: Nächste Saison steigen immerhin vier Regionalligisten statt drei auf, direkt der Meister aus dem Südwesten, denn dort ist die Mitgliederzahl am höchsten; und auch der Meister aus dem Nordosten steigt nun einmal direkt auf. Dass die West-Staffel den dritten Aufsteiger stellt, wurde per Los entschieden. Die Meister der zwei übrig gebliebenen Ligen spielen eine Relegation - und stellen im Jahr darauf zwei direkte Aufsteiger.

Bis dahin soll eine Arbeitsgruppe der Landesverbände, Regionalligen und der Drittligisten (die fünf Absteiger ablehnen) ein Modell entwickeln, wie aus fünf Regionalligen vier werden, damit alle Meister aufsteigen. Doch die Kompromissbereitschaft der Klubs und Verbände, ihre Ligen aufzugeben, ist begrenzt.

Wenn nun jemand Irrsinn sagt, antwortet der DFB meist, es sei eben alles sehr komplex. Doch dieses Argument erklärt nicht, wie man je auf die dem Sport ferne Idee kommen konnte, einem Meister das Aufstiegsrecht zu verwehren - der Fußball funktioniert in Deutschland von der untersten Kreisliga an seit jeher anders.

Und Nachsicht unterschlägt zudem, dass die Idee eine Folgeerscheinung des ambitionierten DFB-Projekts war, 2008 eine dritte eingleisige Profiliga einzuführen - und damit das pyramidenartige Ligasystem zu schwächen. Mit diskussionswürdigem Erfolg: Allein seit 2017 haben vier Drittligisten Insolvenz beantragt.

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