Atomabkommen mit Iran:Die Einigkeit in der EU bröckelt

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Trumps Erlass zur Wiedereinführung von Sanktionen gegen Iran zerrüttete zunächst die transatlantische Partnerschaft - nun spaltet das Dokument auch zunehmend die EU. (Foto: picture alliance/AP Images)
  • Die Europäische Union will in Sachen Atomabkommen mit Iran geschlossen reagieren.
  • Doch der Druck der USA auf einzelne Mitglieder wächst.
  • EU-Staaten wie Polen, Rumänien und Lettland fürchten sich, die USA als "wahren Garanten ihrer Sicherheit" zu verprellen.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Einigkeit ist das Wort der Stunde. Wann immer die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini über die Haltung der EU zum Atomdeal mit Iran nach dem Ausstieg der USA spricht, betont sie es. "Es gab volle Einigkeit in allen Punkten, über die wir gesprochen haben, angefangen vom Atomdeal mit Iran", versicherte sie zu Wochenbeginn nach einer Sitzung der EU-Außenminister in Brüssel.

Über Einigkeit sprach auch der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz. Ein Wort allerdings ließ aufhorchen. "Wir müssen eine gewisse Einigkeit zeigen", erläuterte der Minister. Er habe die Kollegen aber "gleichzeitig auf die Notwendigkeit hingewiesen, einen Dialog in den transatlantischen Beziehungen aufrechtzuerhalten".

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Nachdem US-Präsident Donald Trump am 8. Mai den Rückzug aus dem "schrecklichen" Abkommen verkündete, schien die EU über sich hinauszuwachsen. Deutschland, Großbritannien und Frankreich stellten wie die Spitze der EU klar, dass man den Deal auch ohne die USA retten wolle.

Trumps Denken in "Deals"

Bei einem Gipfeltreffen in Sofia gaben die Staats- und Regierungschefs aller 28 EU-Staaten Rückendeckung. Es begannen sehr praktische Arbeiten, um die Wirkung bald greifender US-Sanktionen gegen Iran abzumildern. Aktiviert werden soll eine Blockade-Verordnung von 1996, die EU-Unternehmen schützen soll vor amerikanischen Strafen.

Kleine und mittelständische Unternehmen ohne US-Geschäft sollen nach Iran gelockt werden. Gesucht werden Wege, wie iranisches Öl ohne US-Dollar bezahlt werden kann.

Doch je konkreter das alles wird, desto mulmiger wird offenkundig einigen, vor allem im Osten der EU, angesichts der Konfrontation. Der polnische Außenminister redete in Brüssel gar nicht um die Sache herum: "Viele Staaten in der EU sehen die USA als wahren Garanten ihrer Sicherheit an, darunter Polen", sagte er. Es sei ja kein Geheimnis, berichten Diplomaten aus westlichen EU-Staaten, dass die USA erheblichen Druck ausübten.

Tatsache ist, dass die USA ihre militärische Präsenz in den mittel- und osteuropäischen Staaten erheblich verstärkt haben. Erleichtert stellten die Regierenden dort fest, dass die Befürchtung, Trump könnte diese Nato-Länder mit ihrer Angst vor einem immer aggressiver auftretenden Russland alleinlassen, sich bislang nicht bewahrheitet haben.

Sie kennen allerdings auch Trumps Denken in "Deals": Er erwartet Gegenleistungen, und es wäre erstaunlich, täte er dies ausgerechnet nicht in einem Moment, in dem ihn die Europäer in Sachen Iran herausfordern.

Auch den USA gehe es um Sicherheit, sie wollten nur "auf andere Weise zum Ziel", sagte Czaputowicz in Brüssel. Es sei in Ordnung, Verluste von EU-Firmen zu kompensieren. "Aber wenn es um die Belebung der Zusammenarbeit mit Iran geht, was zur Abschwächung der amerikanischen Sanktionen führen würde, wäre das ein großes Problem", warnte er.

Das klingt ein wenig kurios, denn das ist ja genau das Ziel der Europäer: die US-Sanktionen abschwächen, damit Iran bei der Stange bleibt. Auch die Kollegen aus Rumänien und Lettland ließen erkennen, dass sie mehr Verständnis für die USA erwarten.

Er sei sehr besorgt über die "Freunde, die eher Präsident Trump verstehen wollen", sagt dazu der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn. Das Atomabkommen mit Iran sei "ein Paradebeispiel dafür, was wir erreichen können, wenn wir einig sind".

Der Deal sei "unser diplomatisches Meisterstück. Eine Wiederaufnahme des iranischen Atomprogramms gefährde überdies die Sicherheit Europas. "Diese Argumente werden von der polnischen Seite nicht gesehen", klagt er.

Absetzbewegungen sieht Asselborn auch von der gemeinsamen Linie der EU im Nahost-Konflikt, also von der Forderung nach einer Zweistaatenlösung mit Jerusalem als Hauptstadt Israels und Palästinas. "Wenn sich das weiter so entwickelt, dann werden wir außenpolitisch zum Zwerg", warnt er. Ein Ausweg sei die Abkehr von der Einstimmigkeit in der EU-Außenpolitik. "Ich weiß, dass das schwer wird, aber wir müssen überlegen, wie wir in der Außenpolitik zu Mehrheitsentscheidungen kommen", fordert er.

© SZ vom 30.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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