Italien und die Finanzmärkte:Kommt die Euro-Krise zurück?

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Ein Piaggio vor einer Fassade in Apulien

(Foto: imago/Westend61)

Italien macht Investoren so nervös wie seit Jahren nicht. Doch die Gefahr für andere Länder in der Währungsunion ist nicht so groß, wie manche denken.

Von Bastian Brinkmann

Plötzlich wächst die Nervosität an den Finanzmärkten wieder. Die Renditen für italienische Staatsanleihen steigen rasant, am Dienstag schnellten sie zeitweise auf 3,4 Prozent. Je höher dieser Wert, desto riskanter gelten die Papiere an den Finanzmärkten.

Die Renditen sind am Mittwoch wieder unter drei Prozent gefallen, nachdem bekannt geworden war, dass die extrem rechte Lega und die populistische Fünf-Sterne-Bewegung nochmals versuchen wollen, eine Regierung zu bilden. Die Grafik zeigt, wie ruckartig die politische Lage in Italien die Renditen in den vergangenen Wochen hat anziehen lassen. Sie sind jetzt wieder so hoch wie 2014, als Europa die Euro-Krise langsam in den Griff bekam.

Finanzmärkte sind nicht allwissend, aber ihre Reaktion hilft bei der Einschätzung, wie gefährlich die jetzige Lage in Rom für den Rest der Euro-Zone werden kann. Die entscheidende Frage: Steckt die italienische Krise auch andere Euro-Staaten an? Wenn große Investoren das glauben, steigen die Renditen der Staatsanleihen jener Länder, die sie für gefährdet halten.

Um die Renditen zu vergleichen, betrachtet man sie am besten in Relation zu deutschen Staatsanleihen. Finanzmärkte werden auch durch Ereignisse außerhalb der Euro-Zone beeinflusst (Handelsstreit zwischen China und USA, Brexit, Wetter), und diese Dinge treffen ebenso die deutschen Renditen. Es ist also interessant zu schauen, wie sich die Staatsanleihen von Euro-Ländern im Vergleich zu Bundesanleihen schlagen. Finanzhändler nennen diesen Abstand in ihrer Fachsprache den Spread, gerechnet wird in Prozentpunkten.

Die Renditen deutscher Staatsanleihen sind am unruhigen Dienstag gefallen. Investoren bewerten die Papiere als sehr sicher. Je stärker Bundesanleihen gefragt sind, desto geringer die Rendite. Zum Club der sicheren Länder gehören außerdem Finnland und die Niederlande.

In Spanien und Portugal steigen die Renditen im Vergleich zu Deutschland seit ein paar Tagen, in Portugal etwas deutlicher als in Spanien, aber in beiden Fällen nicht dramatisch. Der Spread italienischer Anleihen stieg zeitweise auf mehr als drei Prozent, auch das gab es seit Jahren nicht mehr. Für Portugal liegt er unter zwei Prozent, für Spanien nur knapp über einem Prozent. Während des Krisenjahres 2012 lagen die Werte für beide Staaten bei mehr als fünf Prozent, also weit darüber.

Dass die Nervosität sich nur gebremst von Italien auf Spanien und Portugal überträgt, liegt vor allem an zwei Institutionen. Der Euro-Rettungsschirm ESM steht mit vielen Milliarden Euro bereit, wenn die Finanzmärkte ein Land zu Unrecht unter Beschuss nehmen. Die EU-Staaten geben diese Notkredite nur frei, wenn die betroffene Regierung zustimmt, ihr Land zu reformieren. Und die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Investoren glaubwürdig deutlich gemacht, dass sie die Renditen von Staatsanleihen drücken kann, wenn sie das für richtig hält. Im Vergleich zu den Krisenjahren 2010 bis 2013 hat die Euro-Zone nun eine Brandschutzmauer.

Bienvenue: Frankreich ist jetzt im Club der sicheren Euro-Staaten

Besonders auffällig sind Frankreichs Renditen. Das Land galt während der Euro-Krise immer wieder als Kandidat dafür, ins Visier der Finanzhändler zu geraten. Doch die Renditen der französischen Anleihen folgen den deutschen: Sie sinken. Das Wall Street Journal sieht einen "Macron Bump", einen Bonus für französische Staatsanleihen, weil Emmanuel Macron Präsident ist. Man könnte auch sagen: Die Finanzmärkte lieben Macron - verständlicherweise, er war ja einst selbst Investmentbanker und gilt jetzt als wirtschaftsfreundlicher Reformer. 2012, als Nicolas Sarkozy das Amt an François Hollande übergab, war die Lage noch ganz anders. Frankreichs Renditen entfernten sich dramatisch von den deutschen.

Die bislang geringen Auswirkungen auf andere Länder signalisieren, dass die Finanzmärkte das Problem eher innerhalb von Italien sehen als in der gesamten Euro-Zone. Für eine mögliche italienische Regierung ist das eine schlechte Nachricht, denn das schwächt ihre Verhandlungsposition in Europa. Sie kann weniger glaubhaft damit drohen, dass Chaos in Rom die gesamte Euro-Zone gefährden würde.

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