Justiz:Richter sollen auf ihre Gesinnung geprüft werden

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Ein Gesinnungstest für potenzielle Richter? Hessen setzt sich für so etwas ein. (Foto: dpa)
  • Hessen setzt sich dafür ein, Richter bundesweit vor ihrer Einstellung vom Verfassungsschutz überprüfen zu lassen.
  • So sollen extremistische Bewerber erkannt werden können.
  • Das Vorgehen sei kein Generalverdacht gegen potenzielle Richter, sagt Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU).

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Die Justizminister der Länder beraten über die Einführung einer Regelanfrage beim Verfassungsschutz, um die Einstellung extremistischer Richter zu verhindern. Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) hat dies für die am Mittwoch in Eisenach beginnende Frühjahrskonferenz beantragt; darüber hatte zuerst die Bild-Zeitung berichtet. Weil etwa durch den Pakt für den Rechtsstaat Personal in großem Umfang eingestellt werden solle, müsse man Vorkehrungen treffen, um "die staatlichen Strukturen vor extremistischem Gedankengut zu bewahren".

Nach Angaben ihres Sprechers orientiert sich Hessen am Vorbild Bayerns, das die Regelanfrage seit anderthalb Jahren praktiziert. Nur mit Einwilligung des Bewerbers werde beim Verfassungsschutz angefragt - allerdings werde auch ein etwaiges "Nein" dem Richterwahlausschuss mitgeteilt. Es gelte, Mitglieder rechts- oder linksextremer wie auch islamistischer Gruppen auszufiltern. Das sei kein Generalverdacht gegen potenzielle Richter.

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Ob sich der Antrag durchsetzt, ist offen. Hessen falle damit "in antiliberale Verhältnisse der Siebzigerjahre zurück", sagte Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne). Also in Zeiten des "Radikalenerlasses" von 1972, der zu einer millionenfachen Überprüfung geführt hatte - mit Berufsverboten, deren Folgen bis heute in den Rentenbiografien verhinderter Lehrer spürbar sind. Nach Steffens Worten zieht eine Regelanfrage die Verfassungstreue von Bewerbern grundsätzlich in Zweifel - und dies wegen weniger kritischer Fälle, in denen man meist auch ohne Verfassungsschutz Erkenntnisse habe.

Auch Thüringens Justizminister Dieter Lauinger (Grüne), derzeit Vorsitzender der Konferenz, will "eher mit Nein" stimmen. In Thüringen werde auch ohne Regelanfrage kein Kandidat nur aufgrund der Examensnote eingestellt, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Kandidaten würden intensiv von Fachgremien befragt. Ähnlich hält man es in Rheinland-Pfalz; der Verfassungsschutz wird nur bei Zweifeln über die Verfassungstreue eingeschaltet. Auch Bremens Justizsenator Martin Günthner (SPD) ist gegen eine Regelanfrage; die Zustimmung werde von den Bewerbern ja nicht wirklich freiwillig erteilt. Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zeigten sich interessiert, Sachsen-Anhalt reagierte abwartend, andere Länder äußerten sich zunächst nicht.

Das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz gibt an, nur "gerichtsverwertbare Tatsachen" weiterzugeben. Das könne "Reichsbürger", Islamisten und autonome Linksextremisten betreffen, oder auch AfD-Mitglieder, die wegen enger Kontakte zur rechtsextremen Szene unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stünden. Die Partei selbst wird nicht beobachtet. Informationen von V-Leuten seien aber nicht gerichtsverwertbar, selbst dann nicht, wenn sie einen Richteramtsbewerber bei einem rechtsextremen Liederabend gesehen hätten. Seit Einführung der Regelanfrage im November 2016 gab es in Bayern keinen einzigen Treffer, sondern nur Fehlanzeigen.

© SZ vom 05.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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