Merkel zu EU-Reform:"Wir brauchen Mut"

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Vergangenes Wochenende hat Angela Merkel erstmals detailliert dargelegt, wie sie sich eine Reform der EU vorstellt. Bei der Tagung der Europäischen Volkspartei in München verleiht sie ihren Forderungen nun Nachdruck. (Foto: REUTERS)
  • In einer Grundsatzrede hat Angela Merkel dargelegt, was die EU aus ihrer Sicht braucht, um zu überleben.
  • Sie müsse sich wie ein globaler Akteur verhalten, die Nationalstaaten und die EU-Institutionen enger zusammenarbeiten und sich nicht blockieren, fordert die Kanzlerin bei einer Tagung der Europäischen Volkspartei in München.
  • Detaillierte Vorschläge macht sie vor allem beim Thema Migration.

Von Leila Al-Serori, München

In einer energischen Rede auf der Klausur der Europäischen Volkspartei (EVP) in München hat Angela Merkel ihre Vision für die Zukunft der EU skizziert und mehr Zusammenhalt gefordert. Erste Pläne für eine Reform der Europäischen Union hatte sie bereits am Wochenende im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vorgestellt - und damit nach Monaten endlich auf die Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron reagiert. In München nun hielt sie eine europapolitische Grundsatzrede - und wurde dabei ungewöhnlich deutlich.

"Wir brauchen Mut", forderte die Kanzlerin. Die EU müsse sich wie ein globaler Akteur verhalten, die Nationalstaaten und die EU-Institutionen enger zusammenarbeiten und sich nicht blockieren. Die EU werde sonst nicht überleben können, appellierte Merkel. "Kein Land, auch nicht Deutschland, wird sich alleine gegen die USA oder China durchsetzen, das schaffen wir nur gemeinsam."

EU-Parlament könnte aus Merkels Sicht nur noch in Brüssel tagen

Vor allem in der Migrationspolitik müsse eine gemeinsame Vorgehen gefunden werden, sonst "werden die Grundfesten der EU infrage geraten". Merkel will deshalb einheitliche Asylstandards in den EU-Ländern und mittelfristig auch eine eigene Asylbehörde. Außerdem sollen die Außengrenzen stärker geschützt werden.

Um die Zuwanderung nach Europa dauerhaft zu verringern und kontrollieren zu können, reichten aber weder eine europäische Grenzpolizei noch Abkommen mit anderen Staaten. "Wir brauchen eine wirkliche Fluchtursachenarbeit, wir brauchen Entwicklungschancen in den Herkunftsländern", sagte Merkel. Die Länder müssten hier ihre bereits vorhandenen Einzelinitiativen besser koordinieren.

Die Kanzlerin zeigte sich außerdem offen dafür, die EU-Kommission zu verkleinern und das EU-Parlament nur mehr in Brüssel tagen zu lassen. Derzeit sind es drei Standorte: Brüssel, Straßburg und Luxemburg. Vor allem Frankreich leistet erbitterten Widerstand, den Standort Straßburg aufzugeben, obwohl Politiker aller Fraktionen des Parlaments dies befürworten. Zur Entschädigung der bisherigen Standorte schlug Merkel vor, einen EU-Gipfel pro Halbjahr im Land der jeweiligen Ratspräsidentschaft abzuhalten.

Bis Freitag noch tagt die EVP mit 200 Delegierten in der bayerischen Landeshauptstadt, um ihre politischen Ziele festzulegen und sich für das kommende Jahr zu rüsten. 2019 steht die EU-Wahl an.

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