Gröbenzell ist bunt:Vielsprachige Einstimmigkeit

Gröbenzell ist bunt

Farbenfroh gekleidete Tänzerinnen aus Vietnam auf dem Gröbenzeller Rathausplatz.

(Foto: Günther Reger)

Das interkulturelle Fest soll Möglichkeiten schaffen, miteinander ins Gespräch zu kommen. Das gelingt: 2000 Besucher kommen auf den Rathaushausplatz. Dort treffen sie eine Kenianerin in bunten Gewändern und sehen chinesische Schriftzeichen auf dem Asphalt

Von Katharina Knaut, Gröbenzell

Gröbenzell beweist, dass es keiner Reise bedarf, um andere Kulturen kennen zu lernen: Manchmal reicht der Gang zum Rathausplatz. Dort haben sich am Wochenende etwa 40 der in der Gemeinde vertretenen 107 Nationen zum dritten interkulturellen Fest "Gröbenzell ist bunt" versammelt.

An vielen Ständen bieten die verschiedenen Kulturen Spezialitäten ihrer Herkunftsländer an, darunter Eritrea, Kamerun und Belgien. Es gibt aber auch traditionell gefertigte Handwerksstücke. Und einen Geschichtenerzähler aus Ghana. Auf der Bühne wird ein chinesischer Fächertanz aufgeführt.

Cordula Braun, Referentin für interkulturelle Zusammenarbeit ist sehr zufrieden und schätzt die Zahl der Besucher auf etwa 2000. Getrübt wird die fröhliche Stimmung durch einen Notarzteinsatz. "Trotz der Trommelgruppe mitten auf dem Platz hat das mit der Rettungsgasse sehr gut funktioniert."

Bunt ist es tatsächlich, nicht nur im übertragenen Sinne. Trachten stehen im Mittelpunkt. Jeder Besucher und Aussteller war eingeladen worden, das Fest in der traditionellen Kleidung seines Heimatlandes zu besuchen. Es ist auch eine Fotostation eingerichtet, um dies zu dokumentieren - die schönste Tracht wird prämiert. Viele nehmen dies als Ansporn, und so kommt es zu einem bunten Mix aus Moderne und Tradition. Neben Jeans und T-Shirt sieht man bayerische Lederhosen, leuchtende indische Saris, einen chinesischen Kimono und viele andere bunte Gewänder. Ein großer Blickfang ist eine Frau aus Kenia. Sie trägt ein leuchtend orangefarbenes Kleid mit vielen bunten Stickereien und passende Sandalen. Dazu hat sie eine geflochtene Kette aus bunten Perlen angelegt. Diese sei charakteristisch für ihre Heimat, erklärt sie. Ihr Mann kommt aus Deutschland, seit ein paar Monaten lebt sie in Gröbenzell. Für ihre Heimat engagiert sie sich sehr. Vor allem möchte sie dort die Stellung der Frauen und Mädchen verbessern. Das Thema Bildung liegt ihr dabei besonders am Herzen. "Es ist wichtig, mit den Frauen darüber zu sprechen, wie bedeutend die Schule ist." Auch die Kinder will sie davon überzeugen. Zu diesem Zweck arbeitet sie mit der VHS an einem Projekt.

Das Fest in Gröbenzell genießt sie sehr. Mit einer Frau aus Simbabwe hat sie bereits Freundschaft geschlossen. Genau das ist auch der Sinn des Festes, meint Braun. "Wir wollen die Möglichkeit schaffen, miteinander ins Gespräch zu kommen." Besonderes Interesse weckt der Stand von Hefei Huang, die in Gröbenzell eine Sprachschule für Chinesisch betreibt. Sie führt an diesem Tag Besucher in die Kalligrafie ein. Dazu haben sie und ihr Mann sich etwas Besonderes einfallen lassen: Straßenkalligrafie. Statt mit Papier und Tinte lassen sich mithilfe eines etwa ein Meter langen Pinsels die Zeichen mit Wasser auf die Straße malen. Auf diese Weise füllt sich das kleine Stück Asphalt vor dem Stand in Windeseile mit geschwungenen Linien, die nach kurzer Zeit ebenso schnell wieder verschwinden. Chinesisch sei nicht so kompliziert, wie viele glauben, erklärt Huang. Chinesische Grammatik sei viel leichter als die Deutsche. Auch die Schriftzeichen seien nicht kompliziert. "Es ist einfach nur eine andere Art zu denken", so Huang. "Die Schriftzeichen sind eher Bilder." Wenn man ein Zeichen für Sonne sehe, habe es meistens etwas mit der Zeit zu tun. Neigt sich das Zeichen für Sonne beispielsweise auf eine Seite, bedeutet das Abend. "Die Sonne neigt sich dem Ende zu, sie geht also unter." Manche Zeichen sind auch so gestaltet, dass sie ein Wort bildhaft ausdrücken. "Verzweiflung" besteht beispielsweise aus einem Gebilde wild ineinandergreifender Striche. "Wenn man das sieht, bekommt man gleich ein mulmiges Gefühl", findet Huang. Die Bedeutung kann man sich auf diese Weise erschließen. Lernen kann das jeder: "Mein jüngster Schüler ist sechs, mein ältester 73 Jahre alt."

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