Karlsruhe:Bundesverfassungsgericht bestätigt Streikverbot für Beamte

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Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe bei seiner Urteilsverkündung am Dienstag (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)
  • Das Streikverbot für Beamte ist verfassungsgemäß.
  • Nach Überzeugung des Zweiten Senats sind Beamtenstatus und Streikrecht grundsätzlich nicht vereinbar.

Es bleibt dabei: Beamte dürfen nicht streiken. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden. Die Beschwerden von vier Lehrern mit Beamtenstatus haben die Verfassungsrichter zurückgewiesen. Sie hatten das Streikverbot zumindest aufweichen wollen - unter anderem für Lehrer, Mitarbeiter verschiedener Verwaltungen und die Nachfolgeunternehmen der Post. Sie haben keine hoheitlichen Aufgaben zu erfüllen wie etwa die Polizei.

Beamte dürfen sich in Deutschland zwar in Gewerkschaften zusammenschließen, aber eben nicht streiken. Das ist verfassungsgemäß, entschied das höchste deutsche Gericht. Das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit finde eine Schranke in den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, sagte der Präsident des Gerichts, Andreas Voßkuhle, bei der Urteilsverkündung.

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"Ein Streikrecht für Beamte löste eine Kettenreaktion in Bezug auf die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses aus und zöge fundamentale Grundsätze des Berufsbeamtentums in Mitleidenschaft", sagte Voßkuhle. Gemeint sind damit die beamtenrechtliche Treuepflicht und das Alimentationsprinzip: Beamte werden gut bezahlt, können nicht gekündigt werden und erhalten üppige Pensionen - dafür müssen sie sicherstellen, dass der Staatsapparat jederzeit funktioniert und dürfen nicht in den Arbeitskampf treten. Ein Streikrecht würde dieses im Grundsatz verändern und damit in Frage stellen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in der Sache allerdings schon anders entschieden. In zwei türkischen Fällen von 2008 und 2009 befand der Straßburger Gerichtshof, ein absolutes Streikverbot für Beamte verstoße gegen Artikel 11 der Menschenrechtskonvention. Beamten mit "nicht hoheitlichen" Aufgaben dürfe nicht rundweg untersagt werden zu streiken. Hoheitlich handelt, wer etwas verbindlich anordnen kann - der Polizist, der jemanden vorläufig festnimmt, beispielsweise.

Auch deshalb hatten sich vier verbeamtete Lehrer auf ein für sie geltendes Streikrecht Hoffnungen gemacht und beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde eingereicht. Sie hatten sich zuvor an Warnstreiks und Protestveranstaltungen beteiligt und waren dafür bestraft worden. Daraufhin waren sie durch alle Instanzen gegangen - bis zuletzt vor das Bundesverfassungsgericht. Das hob nun jedoch hervor, dass das System des deutschen Beamtenrechts eine nationale Besonderheit sei, das heutige Urteil steht nach Auffassung des Gerichts deshalb nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des EGMR.

Von Seiten der Gewerkschaften wird das Streikrecht für Beamte schon lange gefordert. Sie insistieren, dass jeder abhängig Beschäftigte in Deutschland auf Augenhöhe mit seinem Dienstherrn die Arbeitsbedingungen verhandeln und vereinbaren kann. "Die Entscheidung ist bedauerlich. Die Koalitionsfreiheit bleibt damit für eine große Gruppe Beschäftigter im öffentlichen Dienst deutlich begrenzt", sagte Verdi-Bundesbeamtensekretär Nils Kammradt nach dem Urteil. Trotzdem werde sich Verdi weiter nachdrücklich auch für die Interessen der Beamten einsetzen. "Dafür brauchen wir bessere Beteiligungsrechte, damit die Arbeitgeber ihre Position nicht einseitig ausnutzen können", sagte Kammradt.

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