Wasserknappheit:Fünf nach zwölf

Israel Holy Land Drought Photo Essay

Ein verlassener Wasserpark am Toten Meer, das jedes Jahr um etwa 1,1 Meter schrumpft.

(Foto: Oded Balilty/AP/PA)

In Israel ist es so trocken, dass bald entsalztes Wasser in den See Genezareth gepumpt werden soll. Die Bevölkerung wird zu einem bewussteren Umgang mit Wasser aufgerufen.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Israelis sollten ihre Duschzeit auf zwei Minuten beschränken. Außerdem sollen die Toilettenspülung nur kurz betätigt und das Gießen der Pflanzen im Garten reduziert werden. Diese Tipps werden derzeit über Radio, Fernsehen und Zeitung verbreitet. Denn Israel hat nicht nur mit der schlimmsten Dürre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Palästina vor 98 Jahren zu kämpfen. Hinzu kommt, dass der Wasserverbrauch in den Haushalten in den vergangenen zwei Jahren um zehn Prozent zugenommen hat. Das lässt sich laut Infrastrukturministerium nicht alleine mit dem seit Jahren anhaltenden Bevölkerungszuwachs erklären, sondern auf nachlässigen Umgang mit Wasser schließen. Ein verantwortungsvollerer Wasserverbrauch soll den Israelis nun mithilfe von Fernsehspots wieder beigebracht werden. "Israel trocknet aus", wird in der millionenschweren Kampagne gewarnt.

Wird der Wasserverbrauch nicht reduziert, drohen die Behörden mit kräftigen Preissteigerungen

Die israelische Wasserbehörde rechnet vor: Wenn alle Israelis nur zwei Minuten pro Tag duschen, dann würde das 50 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr sparen - das wäre die Hälfte der jährlichen Menge aus einer Wasserentsalzungsanlage. Weil Israel gerade auf dem Gebiet der Entsalzung von Wasser in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht hat, dürften viele Israelis das Problem mit der Wasserversorgung nicht mehr als so groß eingeschätzt haben. Denn 70 Prozent des trinkbaren Wassers kommt aus Entsalzungsanlagen. Aber man kommt mit der Wasseraufbereitung nicht mehr nach, weil die Ausfälle größer werden. Denn seit fünf Jahren werden die natürlichen Wasserreserven nicht mehr aufgefüllt. Insgesamt fehlen dieses Jahr 2,5 Milliarden Kubikmeter Wasser in Israel - das entspricht einer Million Swimmingpools mit Olympia-Ausmaßen, wie die Wasserbehörde vorrechnet.

Die Regierung hat nun einen Notfallplan erstellt und für die Umsetzung umgerechnet 30 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt. Teil des Planes ist, erstmals entsalztes Wasser aus dem Mittelmeer in den See Genezareth zu pumpen, der besonders von der Trockenheit betroffen ist.

Bisher waren Wissenschaftler strikt dagegen, weil sie negative Auswirkungen auf das Ökosystem befürchten. Aber inzwischen ist der Pegelstand des Sees, der der wichtigste Frischwasserspeicher des Landes ist, auf 213,49 Meter unter dem Meeresspiegel gesunken. Damit liegt er 49 Zentimeter unter der sogenannten roten Linie. Eine Entnahme von Wasser ist nur noch eingeschränkt erlaubt, ab der schwarzen Linie gar verboten. Die wurde 2001 mit einem Tiefstand von 214,87 Metern erreicht.

Da nun aufgrund der Trockenheit die Gefahr irreversibler Schäden für das ökologische Gleichgewicht des Sees besteht, sprachen sich die Experten schließlich für die Einspeisung von entsalztem Wasser aus. Insgesamt sieht der Plan die Zufuhr von jährlich 100 Millionen Kubikmetern für vier Jahre vor. Es sollen auch die Zuflüsse zum See Genezareth im Norden des Landes mit Wasser aufgefüllt werden. Damit - so die Hoffnung - soll auch mehr Wasser über den Jordan Richtung Totes Meer fließen, das jedes Jahr um etwa 1,1 Meter schrumpft. Energieminister Juval Steinitz kündigte auch den Bau von zwei weiteren Entsalzungsanlagen an. Insgesamt soll die Menge des durch Entsalzung gewonnenen Wassers bis 2030 auf 1,1 Milliarden Kubikmeter verdoppelt werden.

Zumindest einmal haben die Aufrufe zum Wassersparen schon gewirkt. Im Jahr 2009 hatten Prominente wie etwa Model Bar Rafaeli an Spots mitgewirkt, danach reduzierte sich der Verbrauch um 18 Prozent. Bleibt der Effekt diesmal aus, drohen die Behörden mit kräftigen Preissteigerungen.

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