Bayerischer Landtag:Ein klares Ja zu irgendwas

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Die CSU stimmt im Landtag dem "Masterplan Migration" von Horst Seehofer zu, obwohl sie den Inhalt nicht kennt

Kolumne von Johann Osel

Dass Abgeordnete auch über Sachverhalte zu befinden haben, deren Inhalte ihnen völlig schleierhaft sein dürften, ist nichts Besonderes. Wenn im Landtag etwa ein Antrag über die Ausbreitung der Schweinepest zur Abstimmung ansteht, dann können auch all die Architektinnen, Lehrer, Juristen und Bankkaufleute (um einige klassische Berufe der Abgeordneten zu nennen) problemlos die Hand an der richtigen Stelle heben; im Zweifel können sie ja darauf verweisen, einem kundigen Ausschuss zu folgen oder sich gar selbst schlau gemacht zu haben darüber, was es mit der Schweinepest auf sich hat, was man tun kann und wie das alles mit dem Schwarzwildbestand in Bayern zusammenhängt. Nur als Beispiel. Dass aber über etwas abgestimmt werden soll, dessen Inhalt man gar nicht kennt, gilt wohl als Novum.

Wie am Dienstag beim Dringlichkeitsantrag der CSU, wonach der Landtag beschließen wolle, den "Masterplan Migration" des Bundesinnenministers Horst Seehofer zu unterstützen. Jener Plan mit insgesamt 63 Punkten, der die Zurückweisung von Asylbewerbern an der Grenze vorsieht und daher die Bundesregierung an den Rand des Kollapses bugsiert - dessen weitere Punkte aber bis dato niemandem außer der Bundeskanzlerin und der CSU-Führung genau bekannt sind.

Kritik kam deshalb erwartungsgemäß und recht schnell. "CSU im blinden Gehorsam", twitterte die Grünen-Politikerin Margarete Bause, und Bayerns SPD-Chefin Natascha Kohnen geißelte das Vorgehen der Regierungsfraktion als "gruselig" - derlei kenne man "aus anderen Staatsformen". Ihre Fraktion forderte schließlich im Plenum am Nachmittag: Einblick in den Seehofer-Plan, alles andere sei "absurd" und "traurig", es gehe um die "politische Kultur unseres Landes".

Dabei hätte ein wenig Vorab-Recherche den CSU-Abgeordneten wie den Kritikern geholfen - denn das Satire-Portal "Der Postillon" hat die gesamte Liste der 63 Punkte unlängst enthüllt. Zentrale Forderungen demnach: "Auf der Balkanroute ist eine Ausländermaut einzurichten!" Oder: "Alles, was die AfD fordert, muss sofort in Gesetzesform gegossen werden." Und: "An jedem Flüchtling muss gut sichtbar ein Kreuz angebracht werden." Was ja womöglich alles im Landtag durchaus einigen Zuspruch finden könnte.

© SZ vom 27.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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