Kritik an der CSU:"Wie ein pubertierender Schulhofschläger"

Dienstantritt Söder

FDP-Chef Lindner wirft dem bayerischen CSU-Ministerpräsidenten Söder vor, er nehme für seinen Wahlkampf "ein ganzes Land, einen ganzen Kontinent in Geiselhaft".

(Foto: dpa)
  • Die vermeintliche Schicksalsnacht der Bundesregierung ist ergebnislos zu Ende gegangen, der Asylstreit schwelt weiter.
  • Mehrere Politiker kritisieren die CSU für ihren kompromisslosen Kurs in der Flüchtlingspolitik.
  • Selbst vom Koalitionspartner SPD kommen harsche Töne. Den härtesten Vorwurf macht FDP-Chef Lindner der CSU.

Nach der ergebnislos zu Ende gegangenen vermeintlichen Schicksalsnacht der Bundesregierung greifen Politiker verschiedener Parteien Innenminister Horst Seehofer, den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und die CSU scharf an. "Seehofer und Söder haben sich anscheinend völlig verrannt", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Niemand hat Verständnis dafür, dass sie seit Wochen vernünftige Regierungsarbeit behindern."

Klingbeil warnt die Union vor einer weiteren Belastung der Koalitionsarbeit im Bund. "Die CSU muss sich jetzt entscheiden, ob sie noch seriös Politik machen will oder vollends dem Populismus verfällt." Ähnliche Kritik an der bayerischen Unionspartei kommt von Sahra Wagenknecht (Linke) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne).

FDP-Chef Christian Lindner wirft Söder vor, er nehme für seinen Wahlkampf "ein ganzes Land, einen ganzen Kontinent in Geiselhaft". Lindner sagte dem Magazin Stern, Söder führe sich auf "wie ein pubertierender Schulhofschläger". Die CSU breche in der Flüchtlingspolitik den Koalitionsvertrag mit der SPD und mache mit ihren Ultimaten "die Kanzlerin und unser Land in Europa erpressbar". Im Oktober ist in Bayern Landtagswahl. Der CSU droht der Verlust der absoluten Mehrheit. Lindner nennt es einen "historisch beispiellosen Irrsinn, sollte sich die Regierung über einen 'Masterplan' zerlegen, den keiner kennt".

Seehofer: "Wir wollen schon am Sonntag Klarheit"

Seehofer will an diesem Sonntag endgültig über mögliche Zurückweisungen von Asylbewerbern an der deutschen Grenze entscheiden. Nach dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag will er die Ergebnisse des Treffens mit Bundeskanzlerin Angela Merkel erst in aller Ruhe besprechen, aber: "Wir wollen schon am Sonntag Klarheit."

Das Spitzentreffen der Koalition am Dienstagabend sei intensiv gewesen, "das kann man nicht bestreiten", sagte Seehofer. Die Spitzen von CDU, CSU und SPD hatten am Vorabend über die Asylpolitik, die Reform der Eurozone und Maßnahmen zur Entspannung auf dem Wohnungsmarkt diskutiert. Lediglich beim Baukindergeld fanden sie zu einer Einigung. Ungelöst bleibt der Streit um die richtige Asylpolitik.

Seehofer will anordnen, dass Asylbewerber, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden, an der deutschen Grenze abgewiesen werden. Bundeskanzlerin Merkel ist gegen einen nationalen Alleingang. Sie möchte auf dem EU-Gipfel für eine "europäische Lösung" in der Flüchtlingspolitik werben. Die CSU hat erklärt, sie würde auf die Zurückweisungen an der Grenze verzichten, falls die Kanzlerin auf EU-Ebene eine Vereinbarung erzielen sollte, die den gleichen Effekt hätte wie die von Seehofer geplante Maßnahme.

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