Streit ums Öl:Trump ist selbst eine weltweite Rezession nicht zu teuer

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Donald Trump will dem iranischen Regime seine wichtigste Einnahmequelle nehmen: Von November wollen die USA all jene mit Sanktionen erpressen, die dann noch iranisches Öl bestellen. (Foto: Fernando Llano/dpa)

Die Iran-Sanktionen, mit denen Donald Trump gedroht hat, sind das größte konkrete Risiko für das globale Wachstum seit Beginn seiner Präsidentschaft. Setzt er sich durch, könnte bald viel Öl fehlen.

Kommentar von Jan Willmroth

Noch läuft der Motor. Die Weltwirtschaft wächst weiter, Unternehmen berichten steigende Gewinne, der Aufschwung, von dem seit Jahren die Rede ist, kommt bei den Bürgern an. Vollbeschäftigung klingt nicht mehr wie ein Begriff aus längst vergessenen Tagen. Der Verfall der Ölpreise, der vor vier Jahren begann, hat diesen globalen Aufschwung begünstigt, er führte zu sinkenden Energie- und Transportkosten für Unternehmen, er ließ Verbrauchern überall auf der Welt mehr Geld für andere Dinge oder zum Sparen. Immer noch ist Öl nicht annähernd so teuer wie damals.

Spätestens seit dieser Woche aber ist es Zeit, besorgt zu sein. Donald Trump will dem iranischen Regime seine wichtigste Einnahmequelle nehmen: Von November würden die USA all jene mit Sanktionen erpressen, die dann noch iranisches Öl bestellen, ließ er nun verkünden. Dieser Plan ist das bislang größte konkrete Risiko für das globale Wachstum seit Beginn seiner Präsidentschaft. Setzt er sich durch, könnte der Welt noch in diesem Jahr eine Menge an Öl fehlen, die nur noch schwer zu ersetzen ist.

Gelingt es der US-Regierung, die iranischen Ölexporte so schnell und so drastisch zu beschneiden wie beabsichtigt, wäre ein abruptes Ende des Aufschwungs keine Überraschung mehr. Um seine Interessen gegen Teheran durchzusetzen, ist Trump selbst eine weltweite Rezession nicht zu teuer.

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Riskante Rücksichtslosigkeit

Diese riskante Rücksichtslosigkeit ist seit Monaten zu beobachten, im Streit um Zölle, mit denen die USA selbst die Warenströme zu ihren engsten wirtschaftlichen und politischen Verbündeten bedrohen. Es mag deshalb erste Anzeichen für eine Erosion globaler Wertschöpfungsketten geben, der drohende Handelskrieg führt bereits zu sinkenden grenzüberschreitenden Investitionen, bevor er richtig begonnen hat. Handelskonflikte aber, die mit der Zeit eskalieren, sind für die Weltwirtschaft wie ein schleichendes Gift, das zeitlich versetzt seine schlimmstenfalls tödliche Wirkung entfaltet.

Ölpreisschocks heißen dagegen nicht umsonst so. Sie geschehen plötzlich, ihr Einfluss ist schnell bis in alle Verästelungen des wirtschaftlichen Lebens auf der Welt zu spüren. Das Problem mit dem Öl sei, so formulierte es der New Yorker Ökonom Myron Watkins vor 80 Jahren, dass es immer zu viel oder zu wenig davon gebe. So ist die Geschichte des wichtigsten Rohstoffs der globalisierten Welt durchzogen von wiederkehrenden Krisen, die der Ölpreis begünstigt, verschärft oder gar ausgelöst hat. Exakt vor zehn Jahren, im Juni 2008, war Erdöl so teuer wie nie zuvor und traf auf die schlimmste Rezession seit der Weltwirtschaftskrise in den späten Zwanzigerjahren.

Am vorigen Wochenende hatten das Ölkartell Opec und seine Partnerstaaten, von denen Russland der wichtigste ist, höhere Fördermengen angekündigt, um Engpässen vorzubeugen; das mächtigste Opec-Mitglied Saudi-Arabien will schon im Juli so viel Öl produzieren wie nie zuvor. Dennoch trieb die Iran-Ankündigung die Ölpreise: Saudi-Arabien und seine arabischen Partnerstaaten sind die einzigen, die kurzfristig mehr fördern können, um den Markt in der Balance zu halten - offen ist, wie lange. Fallen unerwartet weitere Lieferanten weg, fehlt die wichtigste Risikovorsorge.

Mit Iran könnten nun Exporte vom Markt verschwinden, die in etwa zwei Prozent der globalen Nachfrage entsprechen - ein wertvoller Anteil, den die übrigen Lieferanten, darunter US-Ölkonzerne, gern unter sich aufteilen. Trump, der opportunistische Handelskrieger, ist zur größten Gefahr für die Weltwirtschaft geworden. Für ölabhängige Staaten wie Deutschland gibt es kurzfristig kein Gegenmittel. Das langfristige ist, diese Abhängigkeit so gut es geht zu verringern.

© SZ vom 30.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Von Claus Hulverscheidt, New York, und Jan Willmroth, Frankfurt

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