Polen:Zu spät für den Rechtsstaat

Die EU geht gegen Polen vor, das die Unabhängigkeit seines Obersten Gerichts beseitigt hat.

Von Florian Hassel

Die EU geht endlich gegen Polen vor, weil dort die Unabhängigkeit des Obersten Gerichts beseitigt wurde. Am Ende dürfte eine weitere Klage vor dem Gerichtshof der EU stehen, nachdem bereits wegen der Missachtung von EU-Recht im Bialowieza-Urwald und wegen Gesetzen geklagt worden war, die die Unabhängigkeit der Richter an gewöhnlichen Gerichten in Polen beseitigten. Das Vorgehen der EU ist erfreulich, doch es ist viel zu wenig, und es kommt viel zu spät.

Zweieinhalb Jahre ist es her, dass Warschau beim Verfassungsgericht und beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen polnisches und europäisches Recht brach und beide Institutionen zu Grundpfeilern oft rechtswidrigen Regierens machte. In beiden Fällen hätte die Kommission Polen vor dem EU-Gerichtshof verklagen müssen. Dann hätte der Rechtsstaat vielleicht noch eine Chance gehabt. Heute ist das Verfassungsgericht ein abhängiges Parteigericht und das Fernsehen ein plattes, aber effektives Propagandainstrument.

Dass Warschau von Brüssel wenig beeindruckt ist, zeigt sich daran, dass Präsident Andrzej Duda am Montag verkündet, er werde die Präsidentin des Obersten Gerichts umgehend in Frührente schicken - ein erneuter Verfassungsbruch und der nächste Schritt hin zu einem autoritären Regime unter dem faktischen Herrscher Jarosław Kaczyński.

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