Sieben Kurven der Formel 1:Das schlimmste Wochenende des Lewis Hamilton

Der Brite weint verschenkten Punkten hinterher, sein Teamkollege Bottas beklagt einen "schlechten Scherz". Und Vettel? Ist auch nicht ganz zufrieden. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenende.

Von Anna Dreher

Lewis Hamilton

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(Foto: AFP)

Das sei jetzt kein Thema, über das er groß reden wolle, sagte Lewis Hamilton vor dem Großen Preis von Österreich: "Ich konzentriere mich hier auf das Rennen." Worum es ging? Der Formel-1-Weltmeister soll auf dem neuen Album von US-Popstar Christina Aguilera zu hören sein, er wird nicht nur als Sänger mit dem Pseudonym XNDA erwähnt, sondern auch als Co-Autor des Liedes "Pipe". Später fanden dann auch alle anderen, dass das jetzt kein Thema sei, über das Hamilton reden solle. Dabei hätte er das in diesem Moment womöglich sogar lieber getan - sein Rennen war ja doch eher zum Vergessen. "Das ist mit Sicherheit das schlimmste Wochenende, an das ich mich seit einer langen Zeit erinnern kann", sagte der 33-Jährige. "Heute spürt jeder im Team den Schmerz." Mercedes, in Spielberg mit verbesserter Dynamik schnell unterwegs, musste zusehen, wie beide Boliden nicht über die Ziellinie kamen. Erst fiel der von der Pole Position gestartete Valtteri Bottas nach nur 14 Runden aus, sieben Runden vor Schluss Hamilton. Zumindest spielte so der Fehler von Chefstratege James Vowles keine gravierende Rolle mehr. Er hatte Hamilton im entscheidenden Moment nicht an die Box geordert. Nun führt wieder Sebastian Vettel die WM-Wertung an. "Wir dürfen keine Punkte wegwerfen. Deshalb müssen wir eine fehlerfreie Lösung finden", sagte Hamilton eine Woche vor seinem Heimrennen in Silverstone. "Daran werden wir jetzt arbeiten."

Sebastian Vettel

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(Foto: Getty Images)

Für Sebastian Vettel und Ferrari ging es an diesem Wochenende um Schadensbegrenzung und darum, den Anschluss an die Spitze nicht zu verlieren. Vor dem Großen Preis von Österreich war er Zweiter jener Liste, auf der sich in dieser Saison irgendwann ablesen lässt, wer genug Punkte gesammelt hat, um Weltmeister zu werden. Vettel möchte das in diesem Jahr zum fünften Mal schaffen. Lewis Hamilton im Mercedes auch. Der Brite führte die Gesamtwertung mit 14 Punkten Vorsprung an. Vettel war also überhaupt nicht erfreut, als Hamilton hinter seinem Teamkollegen Valtteri Bottas aus der ersten Reihe startete - und er nur als Sechster. Er war schneller gefahren als das, hatte in der Qualifikation aber Carlos Sainz jr. im Renault blockiert und war daraufhin um drei Plätze versetzt worden. "Ohne Strafe wäre heute ein Sieg für mich drin gewesen", sagte er am Sonntagnachmittag, "deswegen bin ich nicht ganz zufrieden." Unzufrieden war er aber auch nicht: Beide Mercedes fielen aus, Vettel wurde hinter Max Verstappen (Red Bull) und seinem Teamkollegen Kimi Räikkönen Dritter. Jetzt ist er mit 146 Zählern vorerst wieder Erster. Mit einem Punkt mehr.

Max Verstappen

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(Foto: AP)

Als Daniel Ricciardo und Lewis Hamilton in der zweiten Hälfte des Großen Preis von Österreich über eine auffällige Blasenbildung an ihrem linken hinteren Reifen geklagt hatten, da machten sie sich bei Red Bull Sorgen um Max Verstappen. Der 20 Jahre alte Niederländer führte das Feld in Spielberg an, ein Boxenstopp zum Reifenwechseln wäre nicht förderlich gewesen beim Versuch, das Rennen auf der Heimstrecke von seinem Team zu gewinnen. Zumal 19 000 für Verstappen angereiste Fans den Kurs auch zu seinem ganz persönlichen Heimspiel machten. "Ich fühle mich gut, macht euch keine Sorgen", gab Verstappen per Funk durch. Er brachte die Reifen sicher ins Ziel - und fühlte sich danach noch besser. Durch die Ausfälle der Mercedes gab es zwei Konkurrenten weniger um die Podestplätze und auch Verstappens Teamkollege Daniel Ricciardo musste seinen Wagen vorzeitig parken. Die Ferrari-Piloten Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel kamen nicht an ihn ran. Und so gewann Verstappen am Sonntag zum ersten Mal in dieser Saison und zum vierten Mal in seiner Karriere ein Formel-1-Rennen.

Valtteri Bottas

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(Foto: REUTERS)

Es hätte so ein schöner Tag werden können für Valtteri Bottas, Mercedes und auch für Freunde einer verlässlichen Statistik. Stattdessen lief es dann ziemlich bescheiden für den 28 Jahre alten Formel-1-Piloten und sein Team. Er musste anderen dabei zuschauen, wie sie auf dem Siegerpodest Champagner verspritzten, während er den Rennoverall längst ausgezogen hatte. "Das Pech, das ich in diesem Jahr habe, fühlt sich derzeit wie ein schlechter Scherz an", sagte Bottas. Zum Lachen war ihm an diesem Nachmittag wahrlich nicht zu Mute. Von der Pole Position vor seinem Teamkollegen Lewis Hamilton gestartet, gab er die Führung früh an diesen ab und musste seinen Wagen nach gerade einmal 14 Runden mit Hydraulikproblemen in der Lenkung am Streckenrand parken. Kopfschütteln bei ihm, Entsetzen in der Box. Vor allem, als Mercedes Chefstratege James Vowles auch noch ein Fehler unterlief, was Hamilton das Rennen versaute - bevor es sieben Runden vor Schluss ohnehin vorbei war, weil auch sein Silberpfeil nicht mehr wollte. Ausgerechnet eine Woche nach einem Update des Antriebs. Ausgerechnet in Spielberg. Hier hatte seit der Wiedereröffnung der Strecke 2014 immer Mercedes gewonnen. Im vergangenen Jahr: Bottas mit einem souveränen Start-Ziel-Sieg.

Daniel Ricciardo

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(Foto: Getty Images)

Eine schön verzierte Torte hatte es gegeben und auch ein Geburtstagsständchen in Tracht - nur ein Platz auf dem Podium wurde Daniel Ricciardo an seinem 29. Geburtstag verwehrt. Stattdessen musste er seinen Red Bull nach 54 von insgesamt 71 Runden aus aussichtsreicher Position am Streckenrand abstellen. "Ich bin natürlich enttäuscht, wie dieser Tag lief", sagte der Australier, der wegen Blasenbildung an seinem Reifen zudem einen ungeplanten Boxenstopp einlegen musste. "Und dann hatte ich wohl einen kaputten Auspuff, das hat mich aus dem Rennen geworfen." Das einzige, was den Formel-1-Fahrer ein bisschen trösten konnte, war der Erfolg seines Teams. Max Verstappen gewann souverän vor den beiden Ferrari von Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel und jubelte so fröhlich darüber, als sei Weihnachten und Geburtstag zusammen. Ricciardo hingegen ließ seinen Jahrestag ruhig ausklingen. Er werde nicht mehr groß feiern, sagte er, höchstens einen Cognac wolle er sich noch gönnen. Dabei hätte er so viel lieber eine Champagnerdusche genossen am Sonntag.

Susie Wolff

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(Foto: REUTERS)

Susie Wolff war nicht anwesend beim Großen Preis von Österreich, zumindest physisch nicht. Ein Thema war die frühere Formel-1-Testfahrerin und DTM-Pilotin trotzdem. Ihr Einstieg in die Formel-E als Teamchefin und Teilhaberin des monegassischen Rennstalls Venturi war bekannt gegeben worden. Mercedes-Teamchef Toto Wolff überraschte es also nicht, in Spielberg auf seine Frau angesprochen zu werden. "Wenn ich jetzt zu Hause über die Formel E rede, muss ich die Türe schließen, damit sie nicht zuhören kann", sagte er. "Aber wir genießen die Neckereien zwischen uns. Und wie das familiär klappt, werden wir sehen." Denn eines wird ja nun eine größere Rolle spielen: Wer passt auf ihren einjährigen Sohn auf, wenn künftig beide so viel unterwegs sind? "Sie lachen jetzt", sagte Papa Wolff dazu, "aber die Logistik ist natürlich schon ein ernsthaftes Problem." Beim Saisonfinale der Formel E in New York (14./15. Juli) wird Susie Wolff, 35, erstmals in ihrer neuen Funktion an der Strecke sein. Ein Wochenende, an dem die Formel 1 pausiert. Das mit der Logistik scheint also schon ganz gut zu funktionieren.

Hockenheim

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(Foto: dpa)

Als die Teams mit ihren Sachen noch auf dem Weg von Frankreich nach Österreich waren, informierte Liberty Media schon über die Reiseplanung des kommenden Jahres. Der Formel-1-Eigner hat den Hockenheimring für 2019 aus dem Kalender gestrichen, eines der Traditionsrennen. Es ging, wie so oft, ums Geld. Und Liberty Media will, dass künftig auch andere Städte eine Rolle spielen, Städte mit klangvollen Namen wie Miami, Buenos Aires und Hanoi. "Es ist eine Schande, dass Hockenheim nicht mehr dabei ist", sagte Christian Horner, Teamchef von Red Bull, gewann der Situation aber auch etwas Positives ab: Dass es so viel Wettbewerb darum gebe, Formel-1-Austragungsort zu sein, sei doch ermutigend. Gewissermaßen ein Beleg für die Beliebtheit. Hockenheim hilft das wenig, der Vertrag endet mit dem Rennen am 22. Juli. "Für uns ist das keine einfache Situation. Wir hätten gerne ein Rennen in Deutschland gehabt", sagte Toto Wolff, der andererseits als Teamchef von Mercedes von der hohen Antrittsgebühr profitiert - die Rennställe bekommen einen ordentlichen Batzen davon ab. Vielleicht, vermutete Wolff, müsse man erst durch eine Art Tal gehen, um neue Kraft zu schöpfen und die Formel 1 dann wieder zu entdecken. Die Hockenheimring GmbH arbeitet schon daran, für diese kurpfälzische Entdeckung bereit zu sein.

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